Ziel ist, eine personalisierte Therapie für jeden Krebspatienten zu finden. Die gängigen Blockbuster helfen maximal 80 Prozent der Patienten. Indivumed-Tochter IndivuTest testet betroffene Patienten personalisierte Therapien.

Hamburg Hartmut Juhl lächelt zufrieden. Gerade hat der Chirurg mit Professorentitel und Gründer der Hamburger Firma Indivumed sein Tochterunternehmen Inostics an die japanische Firma Sysmex verkauft. Das Unternehmen hat seine Europazentrale im Speckgürtel Hamburgs und ist in Europa und Asien Weltmarktführer im Bereich Labordiagnostik.

Inostics hingegen verfügt über neue Technologien zur Genanalyse und zur Erkennung von Krebs durch DNA-Tests. „Nachdem Inostics durch Indivumed ein solides Fundament erhalten hatte, um schnell zu wachsen, machte die große Akzeptanz bei pharmazeutischen Unternehmen und das große Interesse bei Onkologen es notwendig, für die globale Anwendung einen strategischen Partner für Inostics zu suchen“, sagt Juhl. Indivumed selbst werde auch weiterhin sehr eng mit der ehemaligen Tochter zusammenarbeiten.

„Inostics mit jetzt rund 30 Mitarbeitern wird durch den neuen Investor wachsen“, ist sich Juhl sicher, der sich nun stärker auf andere Bereiche in der Krebstherapie konzentrieren wird. „Wir wollen die Komplexität eines Tumors diagnostisch erfassen.“ Dabei helfen die Gentests von Inostics, aber insbesondere auch die Proteinanalyse der Indivumed-Tochter IndivuTest. Ziel von IndivuTest ist es, durch die Verwendung verschiedener Techniken Tumorgewebe umfassend zu analysieren, um eine maßgeschneiderte Therapie für Patienten zu entwickeln. Denn die jetzigen großen Blockbuster, die in der Krebstherapie eingesetzt werden, helfen nur wenigen Erkrankten.

Der Forscher Juhl will nun im ersten Schritt seine bestehende Datenbank mit Gewebeproben von Krebspatienten in Zusammenarbeit mit der Georgetown Universität in Washington und weiteren klinischen Zentren in den USA ausbauen und verstärkt in die klinische Forschung gehen. „Wir wollen uns auf die komplexe Behandlung des Patienten konzentrieren. Dabei werden die Genanalysen im Blut durch Inostics eine zunehmend große Bedeutung insbesondere zur Verlaufsbeobachtung der Krebserkrankung spielen.“

IndivuTest hat bereits ein umfassendes System der Analyse von Gewebe entwickelt, um potenzielle Angriffspunkte für eine individualisierte Krebstherapie zu identifizieren. „Das bei der Operation entfernte Tumorgewebe enthält wichtige Hinweise für die Behandlung mit Krebsmedikamenten, die gezielt in das Tumorzellengeschehen eingreifen“, sagt Juhl.

IndivuTest sei bundesweit führend in der Zusammenarbeit mit Onkologen. Bereits 30 Patienten wurden therapiert. Allerdings befanden sich diese bereits im Endstadium. „Bessere Ergebnisse erwarten wir, wenn wir die Patienten früher zu sehen bekommen, am besten sofort nach Feststellung der Krankheit“, sagt Juhl. Die detaillierte Untersuchung kostet 5000 Euro. „Bislang wird sie leider nicht von der Krankenkasse bezahlt“, so der Forscher.

„In fünf bis zehn Jahren kann jeder Krebspatient mit personalisierter Medizin behandelt werden. Derzeit sind weltweit mehr als vierhundert Krebsmedikamente im Test. Einige davon werden es bis zur Zulassung schaffen, und damit werden die Behandlungsmöglichkeiten immer besser“, so Juhl. Mittelfristig rechnet er damit, dass rund 100 neue Krebsmedikamente auf den Markt kommen werden, die beim Tumor gezielt eingreifen. Die ersten 30 bis 40 sind bereits erforscht und stehen für die Behandlung zur Verfügung. Da die Zulassung jedoch noch auf wenige Krebserkrankungen begrenzt ist, wird ihre Anwendung von den Krankenkassen nicht bei allen Patienten bezahlt.

Juhl ist enttäuscht darüber, wie langsam die Mühlen bei den Zulassungsbehörden und Krankenkassen laufen. „Wir sind gelähmt durch die Überregulation in einem innovationsfeindlichen System“, sagt er. „Das ist im Moment das Hauptproblem in der Krebstherapie.“ Zwar könne jeder Onkologe bei den Kassen eine Einzelfallprüfung zur Kostenerstattung der sehr teuren Medikamente mit guten Erfolgsaussichten stellen, sofern ausreichend wissenschaftliche Daten den möglichen Nutzen nahelegen. „Aber bis dieser bearbeitet ist, dauert es vier bis sechs Wochen“, sagt er. Neben der Datenbank und Diagnostik arbeitet Indivumed in der Forschung nach neuen Wirkstoffen mit internationalen Pharmakonzernen zusammen.

„Wir haben über 80 Kunden aus aller Welt, einschließlich der meisten der Top 20 Pharmaunternehmen, und bereits einen signifikanten Beitrag für die Entwicklung einer Handvoll an neuen Wirkstoffen leisten können.“ Diese Serviceleistung im Auftrag der Pharmafirmen will er in Deutschland und den USA ausbauen, wo Indivumed neben der Georgetown University auch eine Forschungskooperation mit der Stanford University betreibt. Dazu sucht er in Deutschland mittelfristig fünf bis zehn und in den USA zehn bis 20 Mitarbeiter. Indivumed mit rund 70 Beschäftigten und mehr als zehn Millionen Euro Umsatz wurde vor elf Jahren von Juhl und einigen Hamburger Kaufleuten gegründet.