Die Hamburger Zeitarbeitsfirma Bellcaptain sorgt dafür, dass die Hotels in der Hansestadt auch über Nacht besetzt sind. Rund 50 Mitarbeiter sind bei dem Unternehmen beschäftigt.

Hamburg Sie müssen verschwiegen sein, über kleine Skandälchen hinwegsehen können – und immer da sein, wenn sie gebraucht werden. Das Leben eines Nachtportiers oder Nightauditors, wie es im Branchenjargon heißt, ist weniger eintönig, als viele denken. Sie bemerken im Extremfall sogar, dass bei einem Gästepaar eine Scheidung ansteht, bekommen mit, wenn sich ein Gast nachts eine Frau aufs Zimmer bestellt und sie müssen auch die ausgefallensten Wünsche erfüllen. In Hamburg sind diese dienstbaren Geister inzwischen knapp. Deshalb haben die beiden Unternehmer Falko Fugel und Tim Albermann im Jahr 2010 die Zeitarbeitsfirma Bellcaptain gegründet, die Nachtportiers an Hotels vermietet.

„Inzwischen haben wir 50 Mitarbeiter und 91 Hotels als Kunden“, sagt Albermann. Rund 20 davon verlassen sich komplett auf den Service des Unternehmens, die restlichen mieten sich einen Portier, wenn der hoteleigene zum Beispiel in Urlaub oder krank ist. Die Kundengruppe geht durch alle Kategorien, bis hin zum Fünf-Sterne-Haus. Einen seiner besten Mitarbeiter hat der gelernte Hotelier Albermann in einer privaten Pokerrunde mit Bekannten kennengelernt. „Er ist zwar nicht gelernt, aber ich merkte schnell, dass er ein Motivator ist. Zudem konnte er sich alles merken, was man ihm sagt“. Albermann hat ihm den Job beigebracht. „Heute trainiert er unter anderem unsere neuen Mitarbeiter in der firmeneigenen Akademie.“

Die Zeitarbeitsfirma Bellcaptain ist ständig auf der Suche nach neuen Arbeitskräften. Voraussetzung sind Englischkenntnisse und Willenskraft. Der Job ist nicht nur deshalb anspruchsvoll, weil man ständig auf neue Situationen eingehen muss, sondern weil der Portier in vielen Hotels in der Nacht die gesamte Abrechnung des Vortages abwickelt. „Wir sind keine normale Zeitarbeitsfirma, die den Mitarbeitern nur sagt, an welchem Arbeitsplatz sie eingesetzt werden. Bei uns muss man selbstständig denken können und auch in brenzligen Situationen richtig entscheiden“, so Albermann.

Eine solche Situation hat Firmenchef erst kürzlich im Hotel The Madison erlebt. „Ich war gegen zwölf Uhr nachts dort, um mit dem Portier etwas zu bereden. Plötzlich hörte ich ein Fiepen.“ Er rannte ins Backoffice, wo die Brandmeldezentrale ein Feuer im sechsten Stock anzeigte. Albermann und sein Portier hasteten die Treppe hoch und bemerkten eine Rauchentwicklung, die aus einem Gästezimmer kam. Der Unternehmer und sein Portier fanden einen ohnmächtigen Mann vor. Er wollte sich um Mitternacht in der Kitchenette seines Zimmers etwas zu Essen kochen – und schlief dabei ein. Der Gast wurde wegen der starken Rauchentwicklung aus dem Zimmer geschleift, die Feuerwehr wurde gerufen. Am Ende stellte es sich heraus, dass der Hotelgast, wenn er eine Minute länger im Zimmer gelegen hätte, erstickt wäre.

Ein anderes Mal wurde Albermann, als er noch Angestellter eines renommierten Hamburger Hotels war, gerufen, weil in einem Zimmer viel Lärm gemacht wurde. „Ich klopfte und eine Frau öffnete, wollte mich aber nicht reinlassen. Dennoch verschaffte ich mir Zutritt, da ich ein Wimmern hörte und fand einen verschüchterten Mann, der von seiner Frau geschlagen wurde. So etwas hatte ich zuvor noch nie erlebt.“ Albermann quartierte den Mann in einem anderen Zimmer ein.

Die Mitarbeiter des Unternehmens kommen aus vielen Ländern und allen Schichten. Ungelernte, die bei Bellcaptain ausgebildet werden, sind ebenso dabei wie Studenten, die sich nachts etwas dazuverdienen, oder auch ein Schauspieler. Neben dem Portier gibt es auch Mitarbeiter als Führungskräfte– die sogenannten Gold on Duty –, die der Portier um Hilfe rufen kann, wenn es nachts im Hotel Probleme gibt, die er nicht allein bewältigen kann. „Wir wollen derzeit noch mindestens drei Nachdienst-Mitarbeiter einstellen“, sagt Albermann.

In Hamburg verdient ein Portier laut Tarif durschnittlich 1490 Euro brutto plus die tariflichen Nachtzuschläge, sagt Albermann. Bellcaptain zahlt hingegen unabhängig von Tarifverträgen immer etwas mehr und jeder Mitarbeiter hat die Möglichkeit, sich hochzuarbeiten. Für die Hotels lohne sich der Verzicht auf einen eigenen Nachtportier, da sie die Kosten von der Steuer absetzen können und keine Urlaubs- oder Krankheitstage zahlen müssen, so der Geschäftsführer.

Albermann und Fugel, der bei Bellcaptain fürs Controlling zuständig ist, setzen derzeit 1,3 Millionen Euro um. Auch weil das Geschäft gut läuft, haben sie beschlossen, ein weiteres Unternehmen zu gründen. „Dazu werden wir uns aber noch bedeckt halten,“ sagt Albermann. „Denn die Konkurrenz schläft ja bekanntlich nicht.“ Immerhin lässt er durchblicken, dass es auch in der neuen Firma Nachtarbeit geben wird.