Der 45 Jahre alte Schwede testete sich durch die Angebote von „Du und Deine Welt“ – mit Melken und Salamiprobe. Im Schnelldurchlauf ging es durch die einzelnen Lebensbereiche.
Hamburg. Nein, sagt Marcus Schenkenberg, er sei noch nie auf so einer Messe gewesen. Einer Verbrauchermesse. Er sagt auch, dass er das alles ziemlich interessant finde, obwohl er inmitten der typischen Messebesucher mit ihren Cityrucksäcken und den wanderfreundlichen Schuhen ein bisschen wie ein Fremdkörper wirkt – auch wenn sich die Hamburg Messe ein recht umfangreiches und damit anstrengendes Programm für den illustren Gast aus Schweden zusammengestellt hat. Der gilt trotz seiner mittlerweile 45 Jahre noch immer als der Inbegriff des männlichen Topmodels – seit 1991, als er mit der Calvin-Klein-Unterwäsche-Kampagne seinen Durchbruch hatte.
So trifft an diesem grauen Septembersonntag ein geschliffener Diamant aus der großen und weiten Welt des Luxus und der Moden auf das eher bodenständige Einkaufs- und Erlebnisparadies, das von gut 500 Ausstellern auf 45.000 Quadratmeter Hallenfläche geschaffen wurde, und verleiht ihm – ebenso geduldig wie professionell – einen Hauch von internationalem Flair.
Im Schnelldurchlauf geht es durch die einzelnen Lebensbereiche: In der Küchen- und Genusswelt setzt Markus sich erst mal eine Kochmütze auf, (was sehr lustig aussieht); dann „testet“ er Elektroautos und E-Bikes (was, wie er sagt, sehr wichtig für die Umwelt sei). In der Abteilung „Beauty & Style, Gesundheit & Wellness“ imitiert er ein kurzes Fotoshooting, wobei er auf einer Récamiere Platz nehmen und posieren soll (und zum ersten und einzigen Mal an diesem Vormittag fällt sein Lächeln etwas gezwungen aus).
Otto Normalverbraucher müsste für dieses Angebot 15 Euro bezahlen, also ein professionelles Schminkerlebnis inklusive „Lieblingsfoto“, doch Marcus Schenkenberg benötigt so etwas selbstverständlich nicht: Sein Teint ist makellos, seine Augen so tiefbraun, sanft und unergründlich wie immer. Monika Hoffmann, eine hübsche, beinahe schon überschlanke Mittvierzigerin erkennt ihn sofort. „Guck mal, Jana“, sagt sie zu ihrer Tochter, als beide Frauen vor der „Bauernschänke“ auf dem Bauernmarkt in der Halle B 4 stehen bleiben, „das ist doch der Schenkenberg!“ Monika Hoffmann weiß Bescheid. „Der hat mal was mit der Pamela Anderson gehabt.“ Jana, sie ist gerade mal 20, studiert in Hamburg Logistik und Handel, schaut erst die Model-Legende und dann ihre Mutter verständnislos an. Womit geklärt ist, dass es sich in ihren Augen bloß um einen alten Schweden handelt. Schenkenberg stammt eben aus einer anderen Generation.
„Wir waren bis vor zehn Jahren jedes Jahr hier“, sagt Monika Hoffmann, die in Husum lebt und eine Stippvisite bei ihrer Tochter in Hamburg eingelegt hat, „aber da war es irgendwie voller.“ Aber damals habe man sich ja auch noch „überall durchprobieren können, und die Leute waren bepackt mit Geschenktüten“. Diese Zeiten sind längst vorbei.
„Wir haben jedoch inzwischen den Eindruck gewonnen, dass jetzt wieder mehr Kunden das persönliche Gespräch suchen, Beratung und individuelle Information“, sagt Jusrah Doosry von der Messegesellschaft. „Aber das Internet ist und bleibt natürlich die große Konkurrenz.“
Als er die Kunstkuh Luise melken soll, grinst Schenkenberg
Nach einer kurzen Pause bei Cappuccino ohne Zucker erfahren die Messebesucher exklusiv von Marcus Schenkenberg, dass er sehr gerne deutschen Schweinebraten äße, auch wenn er nicht danach aussieht. Da ist kein Gramm zu viel, überhaupt ginge er sicherlich locker für Mitte 30 durch. Als er dann bereitwillig ein Stück feurige Rindssalami vom Rügener Rujana-Hof probiert, auf dem alte deutsche Haustierrassen wie das „Rotbunte Husumer Hausschwein“ oder das „Uckermärker Rind“ gezüchtet werden, pustet er erschrocken die Wangen auf, und eine Hostess aus dem Messetross ruft: „Give him water! He is hot.“
Schenkenbergs Gaumenbrand ist dann so schnell gelöscht wie das Gelächter versiegt, und so kann Marie-Luise Nalop, 28, eigentlich eine Jurastudentin, die nebenbei als Messe-Moderatorin jobbt, jetzt weiter ihre Fragen stellen. „Ich arbeite zurzeit am Ausbau meiner eigenen Modelinie“, antwortet Schenkenberg, aber bevor er sich im Detail verlieren darf, wird er schon wieder weitergetrieben: zur Kunstkuh Luise, die mit einem griffigen Euter aus Vinyl lockt. Schenkenberg grinst, und fast scheint es, als empfinde er seine Melkpremiere als eine Art Höhepunkt seines Messebesuchs.
Die Messe „Du und Deine Welt“ in den Messehallen ist bis zum 29. September täglich von 10–18 Uhr, am Donnerstag bis 19 Uhr geöffnet. Eintritt: 8,50 Euro, Kinder von sechs bis 15 Jahren zahlen 5 Euro.