Der DAX klettert erstmals über die 8600-Punkte-Marke. Seit Jahresbeginn liefen Hamburger Aktien besonders gut. Experte erwartet für die nächsten Monate weiter steigende Kurse.

Hamburg. Der Deutsche Aktienindex (DAX) springt auf einen neuen Rekordstand. Nachdem sich das Börsenbarometer bereits in der vergangenen Woche dem bisherigen Allzeithoch aus dem Mai von 8557 Punkten genähert hatte, schloss der DAX am Montag erstmals oberhalb der Marke von 8600 Zählern. Damit haben die deutschen Standardwerte seit Jahresbeginn um knapp elf Prozent zugelegt – allein im September ging es um 500 Punkte nach oben. Hamburger Titel entwickelten sich im Jahresverlauf sogar noch besser: Der HASPAX verbesserte sich um mehr als 13 Prozent.

„Es gibt mehrere Faktoren, die für die jüngsten Kursanstiege sprechen“, sagt Matthias Thiele, Analyst beim Hamburger Bankhaus M.M. Warburg & CO. So hätten sich die Konjunkturdaten zuletzt weiter verbessert – nicht nur in den USA, wo sich dies schon länger abzeichnete. Gerade auch in den krisengeplagten Ländern Südeuropas habe sich die Situation so weit stabilisiert, dass dies zu steigenden Gewinnen bei deutschen Unternehmen führen könnte. „Allerdings gibt es noch keinen Grund, mit Blick auf Südeuropa in Euphorie auszubrechen“, so Thiel. „Die Arbeitsmarktlage zum Beispiel in Spanien ist noch immer nicht erfreulich.“

Während die Aktienbörse aber bis zum Frühjahr nicht zuletzt von Hoffnungen getrieben worden sei, werde diese nun auch durch bessere Zahlen untermauert. Hinzu komme die Erleichterung bei Investoren über die Strategie der US-Notenbank Fed. „Zwar werden die Anleihekäufe, die die Fed zur Stützung der Märkte vornimmt, nun reduziert, aber wohl in geringerem Umfang als zunächst befürchtet“, erklärt Thiel. In den nächsten Tagen will sich die Fed dazu äußern. Zumindest werde damit die Unsicherheit aus dem Markt genommen.

Ausgerechnet der einzige DAX-Titel aus Hamburg, die Aktie des Niveau-Herstellers Beiersdorf, hat sich seit Jahresbeginn mit einem Plus von weniger als sieben Prozent allerdings etwas schlechter entwickelt als der Leitindex. „Das hat aber vor allem mit der beeindruckenden Rallye im vorigen Jahr zu tun“, sagt dazu Haspa-Analyst Marco Günther. „Praktisch alles, was in den vergangenen 18 Monaten an Nachrichten von Beiersdorf kam, war ermutigend. Inzwischen ist das Potenzial an weiteren positiven Überraschungen begrenzt.“ Im Zuge der Neupositionierung sei es dem Konzern schneller als erwartet gelungen, die Gewinnmargen zu steigern. „Aber das ist jetzt alles längst im Aktienkurs enthalten.“

Ähnlich könnte es demnächst den Papieren des Windkraftanlagenbauers Nordex gehen. Der Wert der Aktie des Hamburger Unternehmens hat sich seit Jahresbeginn mehr als verdreifacht. Damit ist Nordex der Star im HASPAX. Nach dem 230-prozentigen Plus sehe er nur noch wenig Aufwärtspotenzial für die Titel, meint jedoch Commerzbank-Analyst Sebastian Growe. Zwar überzeuge die Strategie von Nordex, diese sei jedoch nun weitgehend eingepreist.

Dagegen hat die Aktie der Hamburger Kupferhütte Aurubis gute Chancen, den Rückstand zum Gesamtmarkt wettzumachen. Seit Jahresanfang ist der Kurs entgegen der Markttendenz um fast 20 Prozent gesunken, hat die Tiefststände aus dem Juli aber hinter sich gelassen. Europas größtes Kupferunternehmen stehe vor einem deutlichen Ausbau seiner Kapazitäten und klaren Ergebnissteigerungen in den kommenden Geschäftsjahren, urteilt Marc Gabriel, Analyst beim Bankhaus Lampe. Er hat das Kursziel von 45 auf 53 Euro hochgesetzt.

Dabei könnten die Papiere der Kupferhütte von einem Trend profitieren, den Matthias Thiel bei Investoren sieht: „Es werden nun wieder verstärkt Titel von konjunkturabhängigen Unternehmen gesucht.“ Günther sieht das genau so: „Wenn die Konjunktur Tritt fasst, werden zum Beispiel Auto- und Chemiewerte profitieren.“ Thiel beobachtet aber noch eine weitere Tendenzänderung: „Bisher haben sich die Anleger stark auf Aktien von sehr großen, breit aufgestellten Konzernen konzentriert.“ Jetzt hingegen würden wieder häufiger aussichtsreiche Titel aus der zweiten Reihe gesucht, die spezialisierter sind.

Insgesamt erwartet der Experte des Bankhauses M.M. Warburg für die nächsten Monate weiter steigende Kurse am deutschen Aktienmarkt. Es gebe allerdings auch Risiken. So könne man nicht ausschließen, dass die Fed mit ihren Ankündigungen und Aktionen eben doch enttäusche. Darüber hinaus ist der Syrien-Konflikt noch nicht beigelegt.

Die bevorstehende Bundestagswahl gehört nach Auffassung von Thiel nicht zu den größten Risiken. Die Notwendigkeit, in Europa im Hinblick auf die gemeinsame Währung stärker zusammenzurücken, werde von keiner der großen Parteien in Frage gestellt. „Der Wahl wird zu viel Bedeutung für den Aktienmarkt beigemessen“, glaubt Thiel. „Sie ist für ihn aber nicht das allergrößte Ereignis.“ Allerdings werde die neue Regierung einen härteren Kurs gegenüber Banken einschlagen, was auch die Anleger treffe, die in Banken investiert sind, gibt Azad Zangana, Volkswirt beim britischen Vermögensverwalter Schroders, zu bedenken.

Insgesamt bleiben die meisten Experten optimistisch für die Börse. Kurzfristig sind Rückschläge jedoch nicht auszuschließen: Die Monate September und Oktober sind historisch gesehen die schlechtesten für die Börse.