Fast 400 Meter lang und hoch wie ein Bürohaus: Die „Mærsk McKinney Møller“ der dänischen Reederei Maersk macht erstmals in Bremerhaven fest.
Hamburg. Die weltgrößte Reederei Mærsk hat nun auch in Europa eine neue Rekordjagd in der Containerschifffahrt eingeleitet. Auf ihrer Jungfernfahrt von Asien lief die „Mærsk McKinney Møller“ am Sonntag aus Rotterdam kommend erstmals Bremerhaven an. In seinen äußeren Abmessungen ist das Schiff nicht wesentlich größer als die bislang größten Containerschiffe, die „Marco Polo“ von CMA CGM und die „Emma Mærsk“. Mit ihren Leistungsdaten allerdings markiert die „Mærsk McKinney Møller“ einen gewaltigen Sprung in der Frachtschifffahrt. Hoch wie ein Bürohaus, mit 400 Metern Rumpflänge und 59 Metern Breite verfügt das Schiff über eine maximale Kapazität von 18.000 Containereinheiten. Die „Marco Polo“ kann maximal 16.000 TEU tragen, die „Emma Mærsk“ 15.500.
Die „Mærsk McKinney Møller“ ist als Schiffstyp komplett neu konstruiert und auf maximale Energieeffizienz hin ausgelegt. Sie soll nach Angaben der Reederei mit einem Schweröl-Verbrauch von 100 Tonnen am Tag je Container und Streckeneinheit 35 Prozent weniger Brennstoff verbrauchen als ein gängiges 13.000-TEU-Schiff und 20 Prozent weniger als die „Emma Mærsk“. Die hohen Brennstoffkosten von derzeit rund 620 Dollar je Tonne Schweröl sind der entscheidende Treiber dafür, dass die Reedereien immer schneller immer größere Schiffe an den Markt bringen. Mærsk setzt bei den sogenannten Triple-E-Schiffen erstmals seit Jahrzehnten wieder auf einen Doppelantrieb mit zwei Hauptmaschinen. Insgesamt allerdings hat die „Mærsk McKinney Møller“ mit 86.000 PS deutlich weniger Leistung an Bord als die „Emma Mærsk“, die 2006 in Fahrt gebracht wurde und deren Maschine 109.000 PS leistet.
„Wir glauben, dass die Triple-E-Schiffe die besten am Markt sind“, sagte Mærsk-Deutschlandchef Jens-Ole Krenzien in Hamburg dem Abendblatt. „Gegenüber dem Durchschnitt der Schiffe im Fernost-Europa-Dienst senken wir damit den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid je transportiertem Container um 50 Prozent.“ Mærsk will bis Ende 2015 insgesamt 20 der neuen Schiffe in Fahrt bringen. Ein einheitlich bestückter Fernost-Europa-Dienst wird mit je zehn der Großfrachter bedient. Wenn die ersten zehn Schiffe im September 2014 einsatzbereit sind, sollen sie ihre volle Kapazität ausfahren. Mærsk beschäftigt in seiner Vertriebsorganisation in Deutschland rund 430 Mitarbeiter, davon rund 300 in der HafenCity in Hamburg.
Die schnelle Größenentwicklung bei den Schiffen setzt sowohl die Reedereien als auch die Hafenbetreiber unter hohen Investitionsdruck. Fuhren die größten Schiffe für den Einsatz zwischen den Kontinenten früher oft 25 Jahre lang, werden sie im Schnitt heute oft schon nach 16 Jahren verschrottet, weil sie gegen die moderne Technologie nicht mehr konkurrenzfähig sind. Die Häfen müssen sich für die Jumbos mit immer stabileren Kaikanten, größeren Containerbrücken und komplexeren Computersystemen wappnen. Hamburgs führender Hafenlogistik-Konzern HHLA hat in der vorvergangenen Woche vier neue Containerbrücken in Betrieb genommen, die in der Querbewegung zum Schiff 23 Reihen Container überspannen. „Mit den neuen Containerbrücken kann der Burchardkai die gerade in Dienst gestellten 18.000-TEU-Schiffe abfertigen“, sagte HHLA-Vorstand Stefan Behn. „Für uns ist besonders wichtig, dass wir unseren Kunden dieses Angebot rechtzeitig zur Inbetriebnahme von Schiffen dieser Größenordnung machen. Durch die erhöhte Umschlagskapazität der Brücken an der Wasserseite können wir die Großcontainerschiffe noch besser in ihren engen Fahrplänen halten.“
Mærsk allerdings läuft Hamburg mit seinen Flaggschiffen seit Ende der 1990er-Jahre nicht mehr an. Seinerzeit verlegte die Reederei den Schwerpunkt ihrer Anbindungen in Deutschland nach Bremerhaven. Grund dafür war, dass Mærsk in Hamburg keine Möglichkeit für den Betrieb eines eigenen Containerterminals bekommen hatte. In Bremerhaven betreibt der Konzern ein eigenes Terminal, am JadeWeserPort in Wilhelmshaven ist das Unternehmen beteiligt. „Fünf unserer Liniendienste zwischen Fernost und Nordeuropa laufen Bremerhaven an, zwei davon gehen auch weiter nach Hamburg“, sagte Krenzien.
Die juristische Blockade der Weservertiefung und der Elbvertiefung hat aus Sicht von Krenzien keine unmittelbaren Auswirkungen auf die Planungen von Mærsk für Hamburg und Bremerhaven – mittelbar aber schon. Das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig muss über die Klagen von Umweltverbänden und anderen gegen die Erweiterung der Fahrrinnen für größere Schiffe entscheiden. „Bremerhaven und Hamburg sind derzeit auf den Fernostdiensten für uns keine Start- oder Endhäfen, deshalb laufen die Schiffe diese Häfen nicht voll beladen an. Wir planen die Belegung unserer Liniendienste immer nach dem Gesichtspunkt, welche Häfen logistisch und unter Kostengesichtspunkten optimal erreicht werden können. Das Gesamtpaket muss stimmen. Insofern würde die Erweiterung der Fahrrinnen den Reedereien natürlich deutlich mehr Flexibilität verschaffen.“
Der Engpass für Hamburg ist derzeit vor allem der Weg der Schiffe aus dem Hafen heraus zurück in Richtung Nordsee. Während der Flut können die Schiffe mit maximal 13,50 Metern Tiefgang auslaufen. Die heute größten Containerschiffe haben voll beladen 16 Meter bis 16,5 Meter Tiefgang. Mit der Elbvertiefung soll der maximale Tiefgang ausgehend auf 14,50 Meter erhöht werden. Engpässe ergeben sich auch durch die Schiffsbreiten. Zwei Schiffe mit insgesamt mehr als 90 Meter Breite dürfen sich erst unterhalb von Glückstadt begegnen. Wenn sehr große Schiffe mit zu wenig Abstand einander passieren, können sie sich gegenseitig ansaugen. Die Planungsbehörden des Bundes und der Stadt Hamburg wollen die Elbfahrrinne zwischen Wedel und Wittenbergen auf acht Kilometern Länge von 300 auf 385 Meter Breite erweitern. So sollen künftig in jeder Tidenperiode drei Großschiffe je Richtung fahren können, derzeit ist es je ein Schiff.
Häfen rüsten Terminals für die neuen Riesenfrachter auf
Während Hamburg und Bremerhaven auf eine Freigabe der Flussvertiefungen warten, bauen etliche andere Häfen in Nordeuropa ihre Kapazitäten aus. Auf der Rotterdamer Hafenerweiterung Maasvlakte 2 gehen im kommenden Jahr zwei neue Containerterminals in Betrieb. Eines davon betreibt das Mærsk-Schwesterunternehmen APM Terminals. Die Anlage gilt als die modernste der Welt. Sie ist auf die Triple-E-Schiffe von Mærsk hin optimiert. „Wir werden Hamburg und Bremerhaven auch künftig anlaufen“, sagte Krenzien. „Wie und mit welchen Schiffen, hängt von der Konkurrenzsituation in der Region ab und von der Qualität der Hinterlandanbindungen.“
Auch der Ostseeraum gewinnt für Mærsk weiter an Bedeutung. Seit einiger Zeit läuft die Reederei den polnischen Hafen Gdansk (Danzig) mit ihren größten Schiffen direkt an. Neben der „Emma Mærsk“ und ihren sieben Schwesterschiffen sollen künftig auch die „Mærsk McKinney Møller“ und die anderen Frachter der Triple-E-Serie nach Gdansk fahren. „Wir haben dort sehr hohe Container-Umschlagszahlen, weil die regionale Wirtschaft stark wächst“, sagte Krenzien. „Sonst würden wir die Schiffe dorthin nicht fahren lassen. Es gibt eine Reihe europäischer Häfen mit ungenutzten Kapazitäten, etwa Klaipeda in Litauen. Wir sehen Nordeuropa immer als gesamten Markt. Die Entscheidungen darüber, welche Häfen wir wie anlaufen, werden ständig überprüft.“