24 von 25 Nordafrikanern fangen Pflegeausbildung nicht an, weil ihnen 620 Euro netto zu wenig ist

Hamburg. Wenn man Jan Stephan Hillebrand vor drei Wochen gefragt hätte, wie es um das Ausbildungsprojekt bei Asklepios steht, hätte er nur Gutes berichtet. „Es lief alles reibungslos“, sagt der Chef des Projektbüros Tapig (Transformationspartnerschaft im Gesundheitswesen).

Für das bundesweit einmalige Pilotvorhaben holt der Klinikkonzern 150 junge Menschen aus Tunesien nach Deutschland, um sie als Gesundheits- und Krankenpfleger auszubilden. Seit mehr als einem Jahr läuft die Pflegekräfte-Initiative, an der auch die Bundesregierung beteiligt ist. Wie lange noch, ist unsicher. „Im Augenblick sieht es so aus, dass 24 der 25 Jugendlichen des zweiten Jahrgangs ihre Ausbildung nicht anfangen“, sagt Hillebrand.

Das ist ein schwerer Schlag für das Projekt, möglicherweise sogar das Aus. Die Teilnehmer, viele davon schon mit einer Ausbildung im Gesundheitsbereich, waren in einem aufwendigen Verfahren nach einer Ausschreibung des Gesundheitsministeriums in Tunis unter mehreren Hundert Kandidaten ausgewählt worden. Im September waren die ersten 25 Jugendlichen in Hamburg angekommen.

Inzwischen hat auch die zweite Gruppe im sechsmonatigen Crashkursus am Goethe-Institut Deutsch gelernt, und, so Projektleiter Hillebrand, „bei zahlreichen Exkursionen Politik und Kultur erlebt – bis hin zum U-Bahn-Fahren“. Auf diesem Weg sollten die Nordafrikaner so integriert werden, dass sie die dreijährige Ausbildung durchlaufen können. Am Donnerstag war offizieller Ausbildungsbeginn für diese Gruppe. Dabei bekommen die Tunesier genau wie die 1000 anderen Pflegeschüler im Konzern etwa 620 Euro netto Ausbildungssalär. Zu wenig, sagen sie jetzt. Inzwischen haben schon 13 der 25 angehenden Azubis ihre Vertragszusagen formal aufgekündigt. Unter anderem entzündet sich der Streit daran, dass die Jugendlichen sich mit einem Eigenanteil von 19.000 Euro an dem umfangreichen Programm beteiligen müssen. Das Geld fließt vor allem in die Vorbereitungsphase und soll in Form eines Darlehens abgestottert werden.

„Ich bin mit den Bedingungen nicht einverstanden“, sagt etwa Ines Mokrane, die zu denjenigen gehört, die nicht bei Asklepios weitermachen wollen. Mehrere Versuche, auch von Vertretern der Stadt und der tunesischen Regierung, die jungen Leute umzustimmen, haben nicht gefruchtet. Wie es für die Betroffenen weitergehen soll, ist offen. Klar ist, dass sie in Deutschland bleiben wollen. Bereits gebuchte Tickets für einen Heimflug traten sie nicht an.

Bei Asklepios hieß es am Donnerstag, man sei von der Wendung überrascht worden. Der dritte Kursus solle nun gestoppt werden. Auch die Tunesier, die bereits in der Ausbildung sind, reagierten geschockt. „Ich kann mir nur vorstellen, dass sie mit falschen Erwartungen nach Hamburg gekommen sind“, sagt Hamdi Hamouda.