Der Milliarden-Deal „Omega 55“ hat auch innerhalb der HSH Nordbank für reichlich Verstimmung gesorgt – das wurde am siebten Tag des Prozesses gegen sechs frühere Vorstände der Bank deutlich.

Hamburg. Der Milliarden-Deal Omega 55 hat auch innerhalb der HSH Nordbank für reichlich Verstimmung gesorgt – das wurde am siebten Tag des Prozesses gegen sechs frühere Vorstände der Bank vor dem Landgericht Hamburg deutlich. Der Ärger hatte offenbar schon vor Abschluss des Geschäfts im Dezember 2007 begonnen. Richter Volker Bruns verlas am Mittwoch eine Mail des Zeugen Marc Schack, der seinerzeit in der Londoner HSH-Filiale an der Vorbereitung von Omega und anderen Geschäften beteiligt war, mit denen die Bank Milliarden-Risiken auslagern und so ihre Kapitalquoten anheben wollte.

„Das ist echt verrückt“, schrieb Schack am 18. Dezember 2007 spätabends an zwei Kollegen (laut Übersetzung aus dem englischen Original). ,,Die Bank stürzt sich in ein Geschäft, ohne es zu verstehen, und der einzige Jurist geht zu den Spice Girls, und der Abteilungsleiter trinkt Wein bei einem langen ,Business‘ Lunch, während wir hier noch drei Deals in drei Tagen abschließen müssen. Bin ich verrückt, oder läuft hier was falsch?“ Woraufhin ihm der Kollege antwortete: „Du bist nicht verrückt. Das ist der Wahnsinn.“

Zwar konnte sich Schack nicht mehr erinnern, ob er zu den „drei Deals“ auch Omega gezählt habe – was aber wahrscheinlich ist, da nach seiner Aussage zu dem Zeitpunkt nur vier Geschäfte dieser Art anhängig waren. Auch widersprach er dem von der Staatsanwaltschaft vermittelten Eindruck, die Mail spiegele vermeintlich chaotische Zustände bei der HSH wieder. Man könne nicht aus einer einzigen Mail an enge Vertraute, in denen einer mal „Luft ablässt“, so Schack, auf ein unprofessionelles Umfeld schließen.

„Dem war nicht so.“ Allerdings räumte er ein, dass Omega 55 intern sehr umstritten war. Das ergab sich schon aus der Vorgeschichte. Eigentlich sollte das Geschäft mit der US-Bank Lehman Brothers abgewickelt werden – deren Zusammenbruch dann im September 2008 die Finanzkrise auslöste. Doch Lehman habe kurz vor Abschluss einen Rückzieher gemacht, aus Sorge um die „Reputation“. Auf die Frage des Richters, was Lehman damit gemeint haben könnte, erklärte Schack: „Dass man am Ende etwas doof aussieht.“

Innerhalb von zwei bis drei Wochen wurde Omega dann mit der französischen Bank BNP abgeschlossen. Dabei habe die Rechtsabteilung moniert, dass die HSH nicht nur im A-Teil des Geschäfts Risiken im Wert von zwei Milliarden Euro an BNP auslagern und sich so entlasten wollte, sondern sich von vornherein verpflichtet hatte, in einem B-Teil Risiken von BNP im Wert von 2,4Milliarden Euro zurückzunehmen.

Die Gespräche seien teilweise „eskaliert“, daher habe man auch Vorstand Jochen Friedrich hinzugezogen – er ist einer der sechs Angeklagten, und neben Ex-Vorstandschef Dirk Jens Nonnenmacher der Einzige, der sich außer wegen schwerer Untreue auch wegen Bilanzfälschung verantworten muss.

Da Omega schon kurz nach Abschluss ins Minus rutschte, sei der Streit intern weitergegangen, berichtete Schack. Eine Fraktion innerhalb der HSH – dazu zählten er und auch der Vorstand – habe versucht, das Problem zu lösen. Eine andere um die Rechtsabteilung habe sich darauf konzentriert, Schuldige zu suchen. Schack: „Intern wurde der Begriff Hexenjagd verwendet, und das war auch mein Eindruck.“ Er wolle Wolfgang G., den damaligen Leiter der Rechtsabteilung, gegen die Staatsanwaltschaft wegen anderer Skandale innerhalb der HSH ermittelt, nicht als Hexenjäger bezeichnen. „Aber die Stimmung in der Bank war so.“

Die beiden Teile von Omega 55 wurden 2008 und 2010 aufgelöst. Laut Anklage bleibt die HSH Nordbank, die zu 85Prozent den Ländern Hamburg und Schleswig-Holstein gehört, auf einem Verlust von 158Millionen Euro sitzen.