Frühere Kiezgröße überzeugt Richter mit Doppelgänger-Show. Er soll ohne Führerschein gefahren sein
Neustadt. Das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) hat eine Revision zugunsten von Karl-Heinz Schwensen entschieden: Der Prozess gegen den 59-Jährigen wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis muss neu aufgerollt werden. Die einstige Kiez-Größe hat damit einen bizarren Rechtsstreit vorerst für sich entschieden.
Schwensen wurde im Juli 2011 zu 11.000 Euro Strafe verurteilt, weil er sich ans Steuer eines Autos gesetzt hatte, obwohl er kurz zuvor den Führerschein abgeben musste. Hauptbeweismittel war damals die Aussage eines Polizisten, der ihn beim Einsteigen in einen Mercedes und beim Wegfahren beobachtet hatte: „Ich kenne nur zwei Personen, die nachts mit einer Sonnenbrille unterwegs sind: Kalle Schwensen und Heino. Heino war es nicht.“
Schwensen legte Berufung ein, der Fall landete im Oktober 2012 erneut vor Gericht. Zum Prozesstermin schickte er allerdings ein Double – um zu beweisen, wie leicht er verwechselt werden kann. Kurz darauf erschien der „echte Schwensen“ im Saal, aber ohne seine „Markenzeichen“ Fliegerbrille und Schnäuzer. Nach dem Auftritt des Doppelgängers saß das Original noch immer neben seinem Verteidiger Klaus Hüser.
Doch das Gericht glaubte – trotz Beteuerung – nicht, dass es sich um den „echten Schwensen“ handelte. Kurioserweise war Schwensen also, obgleich im Saal anwesend, für das Gericht nicht präsent. Es verwarf die Berufung. Hüser legte Revision ein. Das Gericht habe seine Aufklärungspflicht nicht erfüllt, urteilte das OLG jetzt. Um die Identität festzustellen, hätte die Richterin eine Schriftprobe des „echten Schwensens“ nehmen können. Hüser hatte dem OLG elf weitere Punkte vorgelegt, mit denen sich die Sache leicht hätte aufklären lassen können.
„Die Richterin hatte wohl einen schlechten Tag“, sagt der Anwalt. Wann erneut verhandelt wird, ist offen. Hüser: „Unsere Ausgangsposition ist nun deutlich besser, da wir anhand eines Vorgangs dokumentieren können, wie leicht man Herrn Schwensen tatsächlich verwechseln kann.“ Hinters Steuer darf er sich möglicherweise bald wieder setzen: Hüser hat die Aufhebung der Führerscheinsperre beantragt.