Schon heute sind 1500 Stellen in Altenheimen und bei ambulanten Einrichtungen unbesetzt. Vom kommenden Jahr an sollen erstmals 50 Pflegerinnen aus China in den Altenheimen der Hansestadt arbeiten.
Hamburg. Die immer größere Personalnot in der Altenpflege zwingt Hamburg, neue Wege zu gehen. Vom kommenden Jahr an sollen erstmals 50 Pflegerinnen aus China in den Altenheimen der Hansestadt arbeiten. Sie gehören zu den insgesamt 150 weiblichen Pflegefachkräften, die im Rahmen eines Pilotprojekts nach Deutschland kommen. Das bestätigte der Arbeitgeberverband Pflege dem Abendblatt. „Das Projekt wurde bereits vor zwei Jahren angeschoben und geht jetzt auf die Zielgerade“, sagt Verbandssprecher Steffen Ritter. Neben Hamburg sind die Bundesländer Hessen und Baden-Württemberg an dem Pilotprojekt beteiligt, das wissenschaftlich begleitet wird.
In der Stadt sind 1500 Stellen in der Altenpflege unbesetzt. „Wir unternehmen viele Anstrengungen, um die Lücken zu füllen“, sagt Martin Sielaff, Geschäftsführer der Hamburgischen Pflegegesellschaft. Ambulante Pflegeeinrichtungen werden finanziell unterstützt, wenn sie einen Auszubildenden einstellen. „Doch der Bedarf an Pflegekräften wird in den nächsten Jahren noch zunehmen“, sagt Sielaff. Den jüngsten Prognosen der Bertelsmann- Stiftung zufolge steht Deutschland vor einem Pflegenotstand. Bis zum Jahr 2030 wird sich die Zahl der Pflegebedürftigen in der Bundesrepublik auf 3,4 Millionen verdoppeln. Dann könnten eine halbe Million Pflegekräfte fehlen, warnt die Stiftung.
In diesem Jahr hatte die Bundesrepublik bereits ein Abkommen mit den Philippinen geschlossen, die nun 500 Altenpfleger nach Deutschland schicken. „Trotz der EU-Freizügigkeit konnte nur wenig Fachpersonal in Ländern wie Polen, Tschechien oder Ungarn rekrutiert werden“, sagt Ritter. Auch die Zentrale Auslands- und Fachvermittlung der Bundesagentur für Arbeit (ZAV) bestätigt: Auf Dauer reicht es nicht aus, nur in Europa nach Fachpersonal zu suchen. Auch 100 junge Vietnamesen erhalten eine Altenpflegeausbildung in Deutschland.
Die Chinesinnen absolvieren gerade eine deutsche Sprachausbildung in der Provinz Shandong. Eine fünfjährige Ausbildung als Alten- und Krankenpflegerin haben sie bereits hinter sich. Sie verfügen damit über einen Bachelor- Abschluss. Im Rahmen des Pilotprojekts ist auch gesichert, dass die Bundesländer diese Abschlüsse anerkennen. „Sie erhalten eine unbefristete Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis und werden bezahlt wie ihre deutschen Kolleginnen“, sagt Ritter.
Bei welchen Trägern sie in Hamburg eingesetzt werden, steht noch nicht fest. Nach Einschätzung von Sielaff ist es mit der Anstellung allein aber nicht getan. „Egal aus welchem Land die Pflegekräfte kommen, wir müssen massiv in die Integration investieren.“ Sonst bestehe die Gefahr, dass die Beschäftigten schon nach kurzer Zeit wieder aus Deutschland abwandern.
Etwa eine Million Chinesinnen soll bereits im Ausland, vor allem in Nordamerika, in der Kranken- und Altenpflege arbeiten. „Die Botschaft gab uns den Hinweis, dass in China mehr Pflegerinnen ausgebildet werden, als das Land beschäftigen kann“, sagt Ritter. Dabei kämpft auch China mit der Überalterung. In diesem Jahr wird die Zahl der über 60-Jährigen dort auf mehr als 200 Millionen steigen. Noch aber setzt China darauf, dass die Eltern im Alter von ihren Kindern gepflegt werden