Die Ferienzeit und eine konjunkturelle Schwäche lassen in Hamburg deutlich mehr als 70.000 Arbeitslose erwarten. Doch Experten sehen das nicht als Trendwende. Besserung wird für September erwartet.
Hamburg. Die Lage am Hamburger Arbeitsmarkt hat sich im Juli verschlechtert. Nach Informationen des Abendblatts ist es im Juli zu einer deutlichen Zunahme der Arbeitslosenzahlen gekommen. Damit dürfte die Zahl von rund 70.000 Jobsuchenden klar überschritten sein, wenn am Mittwoch die Arbeitsagentur Hamburg die offiziellen Zahlen bekannt gibt.
Im Juni hatte sich der Arbeitsmarkt noch positiv entwickelt. Es waren 70.526 Personen in der Hansestadt arbeitslos gemeldet. Gegenüber dem Vormonat war das ein Minus von 604 Arbeitslosen. Die Arbeitslosenquote lag bei 7,3 Prozent. Für Juli wird dagegen mit einer starken Zunahme gerechnet. Der Chef der Agentur für Arbeit, Sönke Fock, rechnet nach früheren Aussagen erst im September mit wieder sinkenden Arbeitslosenzahlen.
Die Gründe für die schlechtere Entwicklung sehen Experten vor allem in saisonalen Effekten. „Ich gehe nicht davon aus, dass dieser Anstieg eine Trendwende ist“, sagt Michael Bräuninger, Forschungsdirektor am Hamburgischen WeltWirtschaftsInstitut (HWWI). „Eher sehe ich darin einen typisch saisonalen Anstieg, wie er sich auch schon im Vorjahr abgezeichnet hat.“ So gab es auch im Vorjahr zu diesem Zeitpunkt eine Zunahme der Arbeitslosen in Hamburg um 2400 Personen. Im Sommer beenden üblicherweise viele junge Menschen ihre Ausbildung und melden sich arbeitslos, wenn sie vom Ausbildungsbetrieb nicht übernommen werden. Auch Einstellungsentscheidungen werden in der Ferienzeit seltener getroffen. „Die Verantwortlichen sind wie viele andere im Urlaub, deshalb werden solche Entscheidungen aufgeschoben“, sagt ein Arbeitsmarktkenner.
Die großen Insolvenzen der Baumarktketten Praktiker und Max Bahr haben noch keine Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. „Die Betroffenen werden noch nicht als arbeitslos erfasst“, sagt Knut Böhrnsen, Sprecher der Agentur für Arbeit. „Sie sind auch noch nicht verpflichtet, sich arbeitslos zu melden.“ In Hamburg geht es bei beiden Ketten um 1500 Mitarbeiter, die um ihre Existenz bangen.
Doch auch konjunkturelle Gründe sollen für die höhere Arbeitslosigkeit verantwortlich sein. Angesichts der Konjunkturdaten sind die Unternehmen bei Neueinstellungen zögerlich, wie eine Umfrage der Handelskammer belegt. „Die schwachen Auftragseingänge für Investitionsgüter deuten darauf hin, dass die seit anderthalb Jahren anhaltende Investitionsschwäche der deutschen Unternehmen noch nicht beendet ist“, sagt Jörg Krämer, Chefvolkswirt der Commerzbank.
Für das zweite Halbjahr erwartet Bräuninger wieder eine Belebung der Konjunktur. Zwar wird die Wirtschaft in diesem Jahr nach der HWWI-Schätzung nur um 0,5 Prozent wachsen. Im kommenden Jahr wird aber ein Wachstum von 1,6 Prozent erwartet. „Wir rechnen damit, dass sich die negativen Effekte aus den EU-Peripherieländern abschwächen und auch China wieder stärker wachsen wird“, sagt Bräuninger. „Davon würde auch der Arbeitsmarkt in Hamburg profitieren.“