In Hamburg werden zum 1. August wohl alle Eltern einen Krippenplatz für ihre Kinder unter drei Jahren bekommen. Dafür muss ein Erzieher jedoch sehr viele Kleinkinder betreuen.
Hamburg. Die Situation hat sich etwas entspannt. Mussten noch vor ein paar Jahren Eltern in zahlreichen Kitas in Hamburg nachfragen, ob sie einen Platz für ihr Kind unter drei Jahren bekommen können, sieht man mittlerweile Angebote von freien Plätzen an Laternenpfählen. Doch nicht alle Eltern bekommen den Zuschlag für die Kita, die sie sich wünschen. Für beliebte Wohngegenden wie Eppendorf, Eimsbüttel oder Altona gibt es nach wie vor lange Wartelisten. Und einen hohen Preis müssen die Eltern für die zahlreichen Plätze auch zahlen: In keinem westdeutschen Bundesland muss ein Erzieher so viele Kinder betreuen wie in Hamburg.
Die Hamburger Sozialbehörde geht davon aus, dass zum 1. August - wenn der Rechtsanspruch in Kraft tritt – genügend Krippenplätze für Ein- und Zweijährige zur Verfügung stehen werden. „Wir gehen davon aus, dass zum 1. August 21 500 Krippenplätze von Eltern nachgefragt werden“, sagte Sprecher Olaf Dittmann. In etwa genau so viele Krippenplätze könne die Hansestadt bereitstellen. Das entspricht einer Betreuungsquote von 43 Prozent bei den unter Dreijährigen. „Damit ist Hamburg in Westdeutschland weiterhin mit großem Abstand Spitzenreiter, was den Krippenausbau betrifft“, sagte Dittmann.
Der Ausbau der Krippenbetreuung hat sich nach Angaben der Sozialbehörde in den vergangenen Jahren mit großer Dynamik vollzogen. Vom März 2008 bis März 2012 habe sich die Zahl der betreuten Kinder unter drei Jahre um rund 6700 auf rund 17 700 erhöht. Dieser enorme Anstieg ging jedoch zulasten des Krippenpersonalschlüssels: Nirgendwo in Westdeutschland muss ein Erzieher so viele Kinder betreuen wie in Hamburg, kritisierte die Bertelsmann Stiftung. Danach betreut eine Vollzeitkraft rechnerisch etwas mehr als fünf Ganztagskinder (1:5,2). Zum Vergleich: Im Durchschnitt der Westländer liegt dieser Personalschlüssel bei 1:3,7.
„Der notwendige Ausbau der Kita-Plätze darf nicht zulasten der Qualität gehen. Die unter Dreijährigen finden in Hamburg schon heute alles andere als optimale Bedingungen“, kritisierte dann auch Jörg Dräger, Vorstand der Bertelsmann Stiftung. Studien zeigten: Bessere Personalschlüssel ermöglichten mehr bildungsanregende Aktivitäten für die Kinder. Zudem habe sich gezeigt, dass Kinder ihre sprachlichen und sozialen Fähigkeiten besser entwickeln, wenn es ausreichend Mitarbeiter gibt.
Auch der Landeselternausschuss für Kindertagesbetreuung (LEA) forderte, in Hamburger Kindertagesstätten deutlich mehr Erzieher pro Kind einzusetzen. Andreas Dressel, Fraktionsvorsitzender der SPD, meint: „Wir können nicht bei dem Ausbau der Plätze, beim Betreuungsschlüssel und bei der Erzieher-Ausbildung parallel unendlich draufpacken. Das muss Schritt für Schritt gehen“, sagte Dressel den „Harburger Anzeigen und Nachrichten“.