Berater helfen zentral gebündelt bei der Suche nach Ausbildungsplätzen, bei verschiedenen Studienwünschen, aber auch bei drohenden Ausbildungsabbrüchen. Fünfte von sieben Agenturen vor Eröffnung.

Hamburg. Wie erfolgreich sie waren, zeigt sich erst in einigen Wochen. Am 30. September, am Ende des Ausbildungsjahres, wird klar sein, wie viele Jugendliche die Mitarbeiter der neuen Jugendberufsagentur eine Lehrstelle vermitteln konnten. Misst sich der Erfolg an der Nachfrage, dann steht schon jetzt fest, dass diese neue Institution gegen Jugendarbeitslosigkeit erfolgreich ist. 16 Delegationen aus Berlin, Bremen, Flensburg und sogar Holland, Schweden und Toronto haben sich in Hamburg bereits über das Konzept informiert. „Wir haben außerdem mehr als 100 Anfragen erhalten“, sagt Sönke Fock, Chef der Hamburger Arbeitsagentur. An diesem Montag wird er gemeinsam mit Sozialsenator Detlef Scheele (SPD) die fünfte von sieben Agenturen an der Kieler Straße (Altona-Nord) eröffnen.

Die Jugendberufsagentur – eine Hamburger Erfindung – ist also auf einem guten Weg, ein Exportschlager zu werden. Bisher arbeiteten alle zuständigen Institutionen, also Agentur für Arbeit, Jobcenter team.arbeit.hamburg und das Hamburger Institut für Berufliche Bildung an verschiedenen Orten. Ab sofort helfen Berater zentral gebündelt bei der Suche nach Ausbildungsplätzen, bei verschiedenen Studienwünschen, aber auch bei drohenden Ausbildungsabbrüchen oder bei der Suche nach beruflichen Orientierungsangeboten. Fachleute aus der Jugendhilfe der verschiedenen Bezirke sollen den jungen Menschen bei schwierigen persönlichen Problemen helfen.

Neu dabei ist, dass die Agentur bei den Jugendlichen nachfragt, was sie nach der Schule machen. „Aktive Begleitung“, nennen es die Macher des Projektes. Denn es soll nicht passieren, dass junge Menschen einfach vom behördlichen Radar verschwinden. Die Zahl derer, denen das bislang passieren konnte, ist groß. Etwa 15.000 Schulabgänger gibt es jedes Jahr in Hamburg. Von knapp der Hälfte, die kein Abitur hat, wusste die Stadt bei rund 1200 Jungen und Mädchen nicht, wo sie hingegangen sind. Um das künftig zu verhindern, werden die Jugendlichen schon ab Klasse acht angesprochen, sich registrieren zu lassen.

Dieser Aufwand ist immens. Die Vorbereitungen erst recht. „Alle beteiligten Institutionen arbeiten mit unterschiedlichen Sozialgesetzbüchern, haben also alle unterschiedliche Rechtsgrundlagen“, sagt Agenturchef Fock. „Wir können die Gesetze nicht ändern, aber die Trennungen aufheben, die der Gesetzgeber geschaffen hat.“

Dieser Akt des Bürokratieabbaus scheint Eindruck zu machen. Bei einer Fachtagung in Wolgograd fragten etwa die russischen Gastgeber, wer das „befohlen“ habe. Und bei dem Treffen des Europäischen Sozialnetzwerkes in der irischen Hauptstadt Dublin musste die Hamburger Delegation für den Vortrag von Fock kurzfristig von einem Konferenzraum auf einen Saal ausweichen. Statt der erwarteten 40 Teilnehmer wollten plötzlich zehn Mal so viele kommen. „Das Interesse anderer Bundesländer sowie auch von Ländern aus dem europäischen Ausland beweist, dass sich mit der Jugendberufsagentur ein Konzept etabliert hat, welches unabdingbar ist für die erfolgreiche Integration junger Menschen in das Arbeitsleben“, sagt Sozialsenator Scheele.

Während SPD, CDU und FDP das Konzept von Anfang an lobten, übten Grüne und Linke Kritik. Es bestünde die Gefahr, dass das Angebot in eine Verfolgungsbetreuung ausarten könnte, hieß es etwa. Jugendliche hätten die Wahl, entweder das Angebot anzunehmen oder mit Sanktionen rechnen zu müssen. Zudem wurde eine fehlende Einbindung von freien Trägern moniert. Zuletzt wurde um die Jugendhilfe in den Bezirken gebangt, da Bezirksmitarbeiter in die Jugendberufsagenturen entsendet werden. Rein gar nichts hält der Paritätische Wohlfahrtsverband davon. Statt Jugendlichen Freiräume zu bieten, versuche der Senat, sie mit „fürsorglicher Belagerung“ in die Jugendberufsagenturen zu zwingen.

Bis Ende des Jahres soll jeder der sieben Bezirke seine Jugendberufsagentur erhalten haben. Dann werden dort 318 Mitarbeiter beschäftigt sein. Da sie aus den schon vorhandenen Institutionen kommen, wird das kein zusätzliches Geld kosten. Es wurden aber 220.000 Euro für den Ausbau von zwei Standorten in die Hand genommen.

Sönke Fock bezeichnet die Jugendberufsagenturen als „lernendes Projekt“. Die blanken Zahlen spiegeln aus seiner Sicht nicht wider, ob dieses Projekt erfolgreich ist oder nicht. „Wir wissen heute mehr als früher, wo die Jugendlichen bleiben.“ Das habe zwei Konsequenzen: „Wir kennen nun mehr Erfolge bei ihnen, aber auch mehr Misserfolge.“