Nach der Durchsuchung der Haasenburg-Heime in Brandenburg macht die Opposition Druck und erhebt auch Vorwürfe gegen SPD-Landesschatzmeister Prof. Christian Bernzen.

Hamburg Im Streit um die Unterbringung krimineller Jugendlicher aus Hamburg in geschlossenen Heimen in Brandenburg haben die Fraktionen der Grünen und der Linken eine Sondersitzung des Familienausschusses der Bürgerschaft gefordert. Die Vorwürfe gegenüber dem Betreiber der Heime, der Haasenburg GmbH, „sind so gravierend, dass wir mit der parlamentarischen Aufarbeitung nicht bis zur nächsten regulären Sitzung warten können“, sagte Christiane Blömeke, jugendpolitische Sprecherin der Grünen, am Montag. „Senator Scheele muss sein Schweigen endlich beenden und öffentlich erklären, was aus den Hamburger Kindern werden soll.“ Die Verantwortung für sie liege in Hamburg und nicht in Brandenburg. Zudem müsse die Zusammenarbeit mit dem Betreiber der Heime beendet werden.

Die brandenburgische Staatsanwaltschaft hatte in der vergangenen Woche die drei Heime der Haasenburg GmbH in den brandenburgischen Orten Jessern, Neuendorf und in Müncheberg durchsucht und rund 100 Aktenordner sowie mehrere Laptops und Festplatten sichergestellt. Aktuell ermittelt die Behörde in sechs Fällen gegen noch nicht identifizierte Mitarbeiter des Jugendheims. Die Ermittlungen gehen auf Anzeigen zurück, die zwar in den vergangenen Monaten aufgegeben wurden, sich aber auf die Jahre 2006 bis 2010 beziehen. Anzeigen, die sich auf jüngere Zeiträume richten, gibt es nicht. Es besteht der Verdacht der gefährlichen Körperverletzung, Nötigung und Misshandlung Schutzbefohlener.

Auch Christiane Schneider, Innenexpertin der Linken, kritisierte gestern die Spitze der Sozialbehörde. „Dass der Senator bis jetzt zu den Vorgängen schweigt, ist völlig inakzeptabel.“ Der Senator sei gut beraten, nicht nur die Jugendlichen aus diesen Einrichtungen zu nehmen, sondern über Alternativen zur Geschlossenen Unterbringung nachzudenken. Auch die Linken-Politikerin fordert ein Ende der Zusammenarbeit mit der Haasenburg GmbH. Finn-Ole Ritter (FDP) schloss sich der Forderung nach einer Sondersitzung zwar nicht an, bezeichnete die „Informationslage“ dennoch als dürftig. Darüber hinaus müsse ein Aktenvorlageverfahren zusätzlich für Aufklärung sorgen.

Blömeke und die Hamburger CDU wollen zudem die Rolle des Hamburger SPD-Landesschatzmeisters, Prof. Christian Bernzen, untersuchen lassen. Das Magazin „Spiegel“ hatte berichtet, der Rechtsanwalt sei bis vor einem halben Jahr Chef einer Kontrollkommission gewesen, die Beschwerden von Heimbewohnern behandeln sollte. Zugleich aber habe Bernzen als Rechtsanwalt die Interessen der Haasenburg GmbH vertreten.

Ziel der Kommission sei es gewesen, Konflikte im Vorfeld zu entschärfen und zwischen Erziehern und Jugendlichen zu vermitteln, sagte Bernzen am Montag dem Abendblatt. Dieses „interne Kontrollmittel“ sei auf seinen Vorschlag hin zusätzlich zu gesetzlichen Regelungen geschaffen worden. Insofern habe es keine Konflikt zwischen dem Vorsitz der Kommission und seiner anwaltlichen Tätigkeit gegeben. Den Vorsitz habe er lediglich übernommen, weil es zunächst schwierig gewesen sei, geeignete Leute zu finden, sagte Bernzen. Der Senat müsse erklären, welche Rolle Prof. Bernzen spiele, erklärte Roland Heintze, stellvertretender Vorsitzender der CDU-Bürgerschaftsfraktion. „Warum wurde die Doppelfunktion von Herrn Bernzen geduldet und welche Vorteile hatte er daraus?“

Unterdessen hat Brandenburgs Bildungsministerium angekündigt, mit den drei Jungen, die aus einem der Heime weggelaufen waren, reden zu wollen. „Wir wollen wissen, wer wem was vorwirft“, sagte ein Ministeriumssprecher. Dazu sollte am Montag der 15-jährige Junge befragt werden, der seit Freitag wieder in der Einrichtung in Neuendorf ist. Er war gemeinsam mit zwei 16-Jährigen aus Hamburg und Berlin in der Nacht zum Mittwoch verschwunden. Nach Angaben ihres Hamburger Anwaltes Rudolf von Bracken sind sie vor Gewalttaten und Demütigungen geflohen. Die beiden anderen Jungen sind in Hamburg untergekommen. Auch sie will das Ministerium befragen.

Der Sprecher der Einrichtung, Hinrich Bernzen, wies unterdessen Vorwürfe gegen die Haasenburg GmbH zurück. „Die Behauptungen, die dort aufgestellt werden, sind weder wahr noch neu.“ So solle ein ehemalige Mitarbeiter bereits vor Jahren Vorwürfe geäußert haben, wonach Jugendliche in dem Heim durch die Mitarbeiter verletzt und misshandelt wurden. Eine Anzeige gestellt habe er bis heute jedoch nicht, sagte Bernzen. Die Haasenburg GmbH unterstütze die Ermittlungen zur Klärung der Vorwürfe. „Wir stehen in engem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft und den Behörden“, sagte Bernzen. „Das sind Anschuldigungen, die müssen untersucht werden. Jeder, der die Sache objektiviert, ist uns hoch willkommen.“