Der Durchbruch der Band kam, als sie begannen, Country-Lieder mit deutschen Texte zu singen. 40 Platten später geht es auf Jubiläums-Tournee. Denn wenn Truck Stop ums Eck kommt, nimmt niemand Reißaus.

Norderstedt. 40 Jahre auf Tour, 40 Alben, reichlich Hits – und immer noch in den großen Konzertsälen zu Hause: Truck Stop, die Hamburger Countryband, feiert runden Geburtstag. In vier Jahrzehnten haben sich die Cowboys von der Waterkant in die Herzen der Zuschauer gespielt. Und schon lange sind sie auch außerhalb der Country-Szene ein fester Begriff. Ganz Deutschland weiß schließlich, dass der „Wilde, wilde Westen“ gleich hinter Hamburg anfängt und es von „Arizona bis Old Texas Town“ in Berlin nur ein Katzensprung ist.

Als der in vielen Star-Club-Konzerten gestählte Musiker Günther „Cisco“ Berndt die Band 1973 zusammen mit seinem musikalischen Kollegen Burkhard „Lucius“ Reichling, Wolfgang „Teddy“ Ibing, Erich Doll, Rainer Bach und Eckart Hofmann gründete, war Truck Stop noch eine unter vielen Countrybands in Deutschland. Der Erfolg stellte sich erst 1977 ein, als Cisco und Lucius die deutschen Texte genauso lässig zu singen begannen, wie vorher die amerikanischen Standards. „Die Frau mit dem Gurt“ war der erste große Hit – und viele weitere folgten. Zum Beispiel „Take it easy, altes Haus“ und „Ich möchte’ so gern’ Dave Dudley hör’n“. Die Hamburger Cowboys hatten eine Marktlücke entdeckt: Countrymusik mit deutschen Texten.

Vor 40 Jahren hätten sich die Bandmitglieder vermutlich die Haare ausgerauft, wenn sie geahnt hätten, in welcher Schublade Truck Stop heute steckt. Die Band ist Gast in allen einschlägigen Schlager- und Volksmusiksendungen. Im „Musikantenstadl“ gehört sie quasi zum Stammpersonal. „Wir haben nichts dagegen“, sagt Uwe Lost, seit 1979 als Bassist dabei und heute Sprecher, Organisator und Büroleiter von Truck Stop. „Wir sind froh, dass es diese TV-Sendungen noch gibt.“

Sie bescheren der Band eine seit vielen Jahren stabile Popularität auf recht hohem Niveau. Im Gegensatz zu manch anderen Schlagerstars verkauft sich Truck Stop immer noch gut: 15.000 Euro Gage für ein Zwei-Stunden-Konzert, 30.000 verkaufte Alben pro Jahr, bis zu 40 Rundfunkeinspielungen pro Tag – davon können die Bandmitglieder bequem leben. Hinzu kommen TV-Gagen und Tantiemen. „Wir scheffeln keine Reichtümer, aber ein gewisser Lebensstandard ist gesichert“, sagt Uwe Lost, der als Komponist einen Truck-Stop-Dauerbrenner produziert hat: „Großstadtrevier“, die Erkennungsmelodie der gleichnamigen ARD-Serie.

Da ist es auch zu verkraften, dass es mit der großen internationalen Karriere nicht geklappt hat. Vor 20 Jahren wäre es fast so weit gewesen: Nachdem das Lied „Arizona, Arizona“ ein Überraschungshit in den US-Country-Charts war, folgte eine Tournee durch mehrere größere Städte in den USA. Die Konzerte waren erfolgreich, Truck Stop hätte bleiben können, aber die Musiker hatten kein Interesse, weil die dortige Musikergewerkschaft zu kräftig mitkassierte.

Die Band blieb lieber die erfolgreichste Countryband in der Heimat. Heute haben fast alle Musiker auch andere Einnahmequellen. Steelgitarrist Knut Bewersdorff schreibt erfolgreiche Software-Programme, Teddy Ibing verkauft Autos und ist Mitglied des Gemeinderats von Jesteburg, Uwe Lost betreibt ein Tonstudio und ist Geschäftsführer der Band. Gitarrist Dirk Schlag ist ein gefragter Musiker: Aktuell ist er mit der Band Santiano auf Tournee und spielt Playbacks für den TV-Hit „Deutschland sucht den Superstar“ ein.

Cisco bleibt allerdings Cisco. Er ist auch mit 70 Jahren noch die lässige Galionsfigur der Band. Er führt in seinem Haus in der Nordheide inzwischen ein ruhiges Leben. Die Zeit der großen Feiern während der Tourneen sind vorbei. „Wir sind froh, wenn wir Kabelfernsehen in den Hotelzimmern haben“, sagt Uwe Lost lachend. Er selbst wird in diesem Jahr 64 ist fünffacher Großvater.

Lucius Reichling, der Sänger vieler großer Hits, ist 2012 unerwartet verstorben. Aber die Show geht weiter: Der Norderstedter Gitarrist und Sänger Andreas Cisek wurde als neues Bandmitglied aufgenommen. Er hatte schon seit 20 Jahren immer mal wieder ausgeholfen hatte. Er übernimmt die Gesangsparts von Lucius, bringt sich aber auch als Komponist und Texter in die Band ein. Der Übergang hat nahtlos geklappt, die Fans haben ihn akzeptiert.

Die Sehnsucht, mal wieder einen großen Hit zu landen, bleibt natürlich. „Wenn das nicht so wäre, könnten wir ja gleich aufhören“, sagt Uwe Lost. Vielleicht klappt es mit der neuen Single „Was für geile Zeiten das doch war’n“ aus der gerade erschienen Jubiläums-CD „40 Jahre… Geile Zeiten“. Eine Jubiläumstournee wird für Ende 2013 vorbereitet, am 21. Dezember gibt es ein Jubiläumskonzert im Hamburger CCH. Aber vorher gilt es noch ein Konzert vor über 80.000 Zuschauern zu absolvieren: Truck Stop ist am 13. August Headliner beim internationalen Truck-Grand-Prix auf dem Nürburgring.