Um das Problem zu lösen, müssen rund 766 Millionen Euro in den Um- und Neubau investiert werden. Wissenschaftler plädieren für eine stärkere Förderung und direkte Bauzuschüsse.

Hamburg Hamburg steuert nach Einschätzung von Wissenschaftlern auf eine Wohnungsnot für Senioren zu. In den kommenden Jahren würden in der Hansestadt fast 50.000 altersgerechte Wohnungen fehlen, erklärte das Hannoveraner Pestel-Institut am Mittwoch und berief sich dabei auf seine Studie „Wohnen 65plus“. Als Grundlage verwendeten die Wissenschaftler die jüngst veröffentlichten Zensus-Zahlen und erstellten eine Prognose für die Bevölkerungsentwicklung. Demnach werden im Jahr 2035 in Hamburg rund 408.080 Menschen älter als 65 Jahre sein – 26 Prozent mehr als heute.

Nach den Worten von Studienleiter Matthias Günther müssen in Hamburg 765,4 Millionen Euro in den Bau altersgerechter Wohnungen investiert werden. Dafür sei es nötig, finanzielle Anreize zu schaffen. „Es ist dringend notwendig, den Neubau und das Sanieren von altersgerechten Wohnungen stärker zu fördern“, sagt Günther. Neben zinsverbilligten Krediten sollten die Verantwortlichen auf direkte Bau-Zuschüsse und die steuerliche Abschreibung setzen. „Ein Kredit mit zwanzig Jahren Laufzeit stößt bei einem Siebzigjährigen in der Regel nur auf wenig Interesse“, erklärte Günther.

Die Höhe der notwendigen Investitionen in Hamburg hat das Institut auf der Grundlage einer Untersuchung des Bundesbauministerium errechnet. Danach leben bundesweit 2,5 ältere Menschen in nicht barrierefreien Wohnungen. Oberbaudirektor Jörn Walter hatte bereits im vergangenen Jahr festgestellt, dass es bei Bau und Sanierung altengerechter Wohnungen großen Bedarf gebe. „Da ältere Menschen ihre meiste Zeit in ihrer Wohnung verbringen, ist der barrierefreie Zugang zur Wohnung genauso wichtig, wie es die barrierefreien Bewegungsmöglichkeiten innerhalb der Wohnung sind.“ Fahrstühle seien genauso notwendig wie breitere Türen oder Haltegriffe im Bad.

Die zuständige Gesundheitsbehörde hatte in dem im vergangenen Jahr veröffentlichten Bericht „Älter werden in Hamburg“ festgestellt, dass Hamburg etwas langsamer als der Bundesdurchschnitt altere. Ursache sei der überdurchschnittliche Zuzug jüngerer Erwachsener, wodurch die Altersstruktur der Stadt sich bis zum Jahr 2025 nur gering verändern werde.

Dem Bericht zufolge wird bis dahin der Anteil der über 60-Jährigen an der Gesamtbevölkerung von derzeit rund 25 Prozent auf rund 27 Prozent steigen. Im Jahr 2030 soll deren Anteil laut Prognose bei 30 Prozent liegen. Damit weicht die Hansestadt deutlich vom Bundesdurchschnitt ab. Deutschlandweit werde bereits im Jahr 2020 der Anteil der über 60-Jährigen bei knapp über 30 Prozent liegen.

Studienleiter Matthias Günther verwies am Mittwoch darauf, dass mit der Zunahme Älterer auch die Zahl der Pflegebedürftigen „rasant wachsen“ werde. Die Prognose für Hamburg gehe von rund 63.000 Pflegebedürftigen im Jahr 2035 aus. „Bei dieser Entwicklung wird es höchste Zeit, barrierearme Wohnungen für Senioren zu schaffen“, erklärte Günther. Ältere Menschen wollten so lange wie möglich in ihren eigenen vier Wänden wohnen, „auch dann noch, wenn sie dort ambulant gepflegt werden müssen“.

Die stationäre Pflege im Heim führe zu enormen Mehrkosten, erklärte Günther. Demnach sei ein Heimpflegeplatz im Vergleich zur ambulanten Pflege jährlich rund 7.200 Euro teurer. Eine Wohnung altersgerecht zu sanieren, koste im Durchschnitt 15.600 Euro. Damit lasse sich eine Wohnung mit der Ersparnis der Extrakosten für die Heimpflege in gut zwei Jahren umbauen.

Die Studie zum Senioren-Wohnen war von dem Verbändebündnis „Wohnen 65plus“ in Auftrag gegeben worden. Dieser Gruppierung gehören der Sozialverband VdK Deutschland, der Bund Deutscher Baumeister, Architekten und Ingenieure (BDB), die IG Bauen-Agrar-Umwelt (IG BAU), die Deutsche Gesellschaft für Mauerwerks- und Wohnungsbau (DGfM) und der Bundesverband Deutscher Baustoff-Fachhandel (BDB) an.