Trainieren bis zum Umfallen oder schneller Muskelaufbau in nur 20 Minuten. Die Fitnessbranche in Hamburg wächst mit immer neuen Trends und neuen Geräten. Meridian Spa plant zwei neue Standorte.

Hamburg. Zwei Seile mit Griffen am Ende hängen von der Decke herab. Anja Bretschneider aus Volksdorf stützt sich in die Seile und streckt ihren Körper nach vorn. Die Übung sieht leicht aus, hat es aber in sich. Armin Schwencke, Inhaber des Royal Sports Clubs in Volksdorf, gibt Hilfestellung. „Das TRX-Training erfordert für die meisten die Begleitung durch einen Trainer“, sagt Schwencke. TRX ist ein Ganzkörpertraining, bei dem nur Schwerkraft und das eigene Gewicht eingesetzt werden. Es ist einer der vielen neuen Trends in der Fitnessbranche. Hunderte von Übungen sind möglich, bei denen vor allem Brust, Rücken und das Gleichgewicht trainiert werden. „Es ist ein Ganzkörpertraining, auch gut geeignet für Golfer oder Tennisspieler, die eine einseitige Belastung haben“, sagt Schwencke.

Die Investition für die neue Trainingsmöglichkeit ist überschaubar – ganz im Gegensatz zu den Anlagen für das Zirkeltraining. In nur 20 Minuten lassen sich an acht elektronisch gesteuerten Kraft- und Herz-Kreislauf-Geräten des Weltmarktführers Milon alle Hauptmuskelgruppen trainieren. Per Chipkarte gibt es für jedes Mitglied individuelle Einstellungen, die automatisch erfolgen. „Beim Trainieren kann man so keine Fehler machen, das System ist gut für Anfänger“, sagt Schwencke. „Ohne ständige Neuerungen kann man in der Branche nicht mithalten“, sagt der Chef des 1300 Quadratmeter großen Studios im Premiumsegment mit rund 1200 Mitgliedern.

Noch trainieren die meisten der 233.000 Hamburger, die Mitglied in einem Fitnessclub sind, in inhabergeführten Studios wie dem Royal Sports Club. Doch ihr Anteil am Markt verschiebt sich seit Jahren zugunsten der Ketten, hat Niels Gronau, Geschäftsführer des Beratungsunternehmens Edelhelfer, beobachtet. Ihr Marktanteil liegt inzwischen bei 47 Prozent. Vor fünf Jahren waren es erst 35 Prozent. „Bei den Ketten hat es in den letzten Jahren ein starkes Wachstum gegeben. Allein Marktführer McFit hat in Deutschland rund 1,1 Millionen Mitglieder“, sagt Gronau.

Doch der Markt setzt weiterhin auf Expansion. Neue Trainingsformen, die weniger als 200 Quadratmeter Fläche benötigen, können noch näher an die potenziellen Kunden heranrücken. „Der Weg in das Fitnessstudio darf nicht länger als 20 Minuten sein“, sagt Gronau. Andere Trainingskonzepte sprechen vor allem die über 55-Jährigen an, die als noch nicht ausgeschöpfte Zielgruppe gelten. „Die Bereitschaft der Menschen, aktive Prävention für ihre eigene Gesundheit zu leisten, ist eine gute Grundlage für die zukünftige Entwicklung der Branche“, sagt Gronau. „Insgesamt ist der Markt von 2007 bis 2012 um durchschnittlich sieben Prozent pro Jahr gewachsen“, sagt Karsten Hollasch, Leiter der Sport Business Gruppe bei Deloitte in Deutschland. Im Gegensatz zu den USA oder den Niederlanden, wo bereits mehr als 15 Prozent der Gesamtbevölkerung in Fitnessstudios trainieren, gibt es in Hamburg mit einer Quote von 13 Prozent noch Entwicklungspotenzial.

In Hamburg zeigt sich, wie dynamisch der Markt ist. Meridian Spa wird hier noch zwei weitere Standorte eröffnen. Bereits im Bau ist das 4200 Quadratmeter große Objekt an der Fuhlsbüttler Straße in Barmbek. Der Wellnessbereich entsteht in einem historischen Wasserturm. „Wir rechnen mit der Eröffnung im Frühsommer 2014“, sagt Leo Eckstein, geschäftsführender Gesellschafter des Hamburger Unternehmens. „Im Othmarschen Park haben wir bereits ein 7000 Quadratmeter großes Grundstück erworben“, sagt Eckstein. Zusammen mit einem Investor soll hier das sechste Meridian Spa in Hamburg entstehen. „Im Westen von Hamburg besteht ein großer Bedarf für ein Premiumangebot“, sagt Eckstein. Aktuell hat Meridian Spa 24.000 Mitglieder in Hamburg. „Wir rechnen mit einem nachhaltigen Wachstum.“

Doch die Ketten stehen in Konkurrenz zu neuen Angebotsformen. Thomas Thiele betreibt inzwischen sein zweites Bodystreetstudio, das am Alten Wall eröffnet wurde. Für die Elektro-Muskel-Stimulation (EMS) reichen wenig Platz und Zeit. Über eine spezielle Trainingskleidung werden während der Übungen gleichzeitig elektrische Impulse auf die Muskeln übertragen. So werden die Muskeln besser oder überhaupt erst trainiert. Die Zielgruppe ist klar: Geschäftsleute in der Innenstadt, die wenig Zeit haben. Mehr als 20 Minuten werden für eine Trainingseinheit nicht benötigt. „Wir sprechen Leute an, die bisher keinen Sport gemacht haben“, sagt Thiele, der bereits einen weiteren Standort in der Hansestadt plant. Um Mitglieder nicht an solche Studios zu verlieren, hat Schwencke auch das EMS-Training in seine Anlage geholt. Gegen eine Zusatzgebühr können Mitglieder es nutzen. Dafür ist stets ein Trainer dabei.

Nach dem Aufwärmen geht es richtig zur Sache: Kniebeugen, Gewichtheben, Liegestütze, Seilspringen, Klimmzüge. Und zum Schluss noch ein scharfer Sprint aus der Halle. Crossfit heißt das breit angelegte Fitnessprogramm, das alle Muskeln beansprucht und bei dem die Teilnehmer nach 60 Minuten fix und alle sind. Elisabeth Hachmann betreibt in Hamburg im Rahmen eines Franchisesystems die erste Crossfitbox. So heißen solche Fitnessstudios, deren Grundstein in den USA gelegt wurde. „Die Teilnehmer feuern sich gegenseitig an, und wir trainieren in Gruppen“, sagt die Chefin Elisabeth Hachmann. „Jedes Training wird neu zusammengestellt. Die Sportler wissen vorher nicht, was auf sie zukommt.“ Der Andrang ist groß. „Wir werden von der City Nord nach Barmbek umziehen und unsere Fläche auf rund 1000 Quadratmeter verdreifachen“, sagt Hachmann.

Solche Angebote sind vor allem für Leute, denen das klassische Fitnessstudio zu bieder ist und die auf Komfort und Wellness verzichten wollen. In Hamburgs Crossfitbox gibt es gerade einmal eine Dusche. Günstiger als das Training im Fitnessstudio ist der Kurs dennoch nicht. „Es ist für die Branche gut, wenn immer wieder neue Trends entstehen, denn die Branche braucht neue Impulse, weil auch die Kunden anspruchsvoller werden“, sagt Gronau. Der deutsche Fitnessmarkt ist eines der am schnellsten wachsenden Sportsegmente in Deutschland. Neben Anbietern aus dem Discount- und Premiumbereich profitieren vor allem Betreiber von Special-Interest-Konzepten, also Nischenclubs mit sehr begrenzter Fläche, vom zunehmenden Gesundheitsbewusstsein der Deutschen. „74 Prozent der Anlagenbetreiber blicken optimistisch in die Zukunft“, sagt Birgit Schwarze, Präsidentin des Arbeitgeberverbands deutscher Fitness- und Gesundheits-Anlagen (DSSV).

Kickboxen ohne Veilchen verspricht eFighting. Der erste Club steht in Harburg. Ein zwei mal zwei Meter großer Ring ist mit einem elektronisch gesteuerten Boxdummy ausgestattet. Aufleuchtende Sensoren müssen dann mit Faust oder Fuß getroffen werden. Das rund einstündige Training fördert Koordination, Flexibilität, Kraft, Schnelligkeit und Ausdauer und unterstützt den Stressabbau. „Man kann bis zu 1000 Kalorien während des Trainings verbrennen“, sagt Bogdan Proena, der bei eFighting für den Aufbau der Marke verantwortlich ist. „Allein in Hamburg planen drei weitere Fitnessanlagen die Einführung von eFighting, zwei davon noch in diesem Jahr.“ Insgesamt hat das Unternehmen seit dem Start in diesem Jahr bundesweit bereits 16 Lizenzen für sein neues Sportkonzept vergeben, die meisten davon an Fitnessanlagen.

Die vielen neuen Sportangebote verstärken den Druck auf die etablierten Studios wie die Kaifu Lodge. Der Club profiliert sich durch 200 Fitness- und Wellnesskurse im Monat. Schon jeder vierte Betrieb in Hamburg ist aber ein Nischenanbieter mit einer Trainingsfläche von weniger als 200 Quadratmetern. Doch Experte Gronau sieht noch genügend Spielraum für alle Betriebsformen. „Denn in Deutschland gibt es mit McFit, Fitness First, Kieser und Injoy nur vier wirklich große Ketten. Die Stärke der inhabergeführten Einzelbetriebe ist die Betonung von Dienstleistungen und persönlicher Betreuung“, sagt Gronau. „Sie müssen sich klar von den Discountern absetzen.“

Peter Bensberg ist mit seinem Sportstudio Vita Med im Krohnstieg-Center auf Expansionskurs. Mit dem neuen Domizil konnte er die Fläche fast verdoppeln. „Grund war der starke Zulauf“, sagt er. „Innerhalb eines Jahres konnten wir 30 Prozent neue Kunden gewinnen.“ Die Ursache dafür sieht er in der persönlichen Ansprache. „Wir kennen unsere Mitglieder und ihre Probleme“, sagt Bensberg. So richtet er sein Angebot auch auf über 40-Jährige aus, die nicht viel Zeit, aber Rückenprobleme haben. „Schon mit einem Training von zweimal 35 Minuten in der Woche kann man gegen diese Probleme angehen“, sagt Bensberg. Außerdem bietet er Sport auf Rezept. Die gesetzlichen Krankenkassen übernehmen bis zu 80 Prozent der Kosten für einen solchen acht- bis zwölfwöchigen Kurs, zum Beispiel für Herz-Kreislauf- oder RückenTraining. „Wir verdienen daran zwar nichts, aber von 100 Kunden bleiben uns 70 längerfristig treu“, sagt Bensberg. Bei den neuen Trends der Branche geht er sehr selektiv vor. „TRX bieten wir nicht an, weil es maximal nur für sechs Prozent unserer Mitglieder geeignet wäre.“ Am Zirkeltraining mit den modernen Milon-Geräten kommt aber auch Vita Med nicht vorbei.

Obwohl in Hamburg schon überdurchschnittlich viele Menschen Mitglied in einem Fitnessclub sind, ist Bensberg sehr optimistisch. „Die Zahl der Fitnesstreibenden wird sich noch verdoppeln“, erwartet er. „Denn die gesundheitlichen Probleme der Menschen werden zunehmen, weil sie zu wenig Muskulatur haben.“