Ein Event in Hamburg mit hunderttausenden Besuchern jagt das andere. SPD Mitte schlägt Alarm und spricht von „Überschwemmung“. Auch der Einzelhandel in der Innenstadt ist nicht nur begeistert.
Hamburg. „Fiesta Mexicana“, der „Griechische Wein“ und andere Perlen des deutschen Liedguts werden am Sonnabend wieder beim Schlagermove auf dem Kiez erklingen. Auf 45 Musiktrucks wird dann zwischen dem Heiligengeistfeld und den St. Paul-Landungsbrücken „Ein Festival der Liebe“ gefeiert. Und die Veranstalter rechnen auch in diesem Jahr wieder mit rund einer halben Million Schlagerfans entlang der Strecke. In den Sommermonaten jagt eine Großveranstaltung in Hamburg die andere: Die Hamburg Harley Days am vergangenen Wochenende auf dem Großmarkt, diverse weitere Partys und andere Veranstaltungen zum Motorradereignis und die rund 42 Kilometer lange Parade durch die Stadt besuchten insgesamt mehr als eine halbe Million Menschen. Dazu kam am vergangenen Sonntag der Hella Halbmarathon, der mit fast 7000 Teilnehmern und Tausenden Besuchern an der Strecke auch weite Teile der Stadt lahmlegte. Schon traditionell führt auch der Haspa Marathon zu großflächigen Straßensperrungen – im April waren 750.000 Schaulustige dabei. Tagelang kam es deshalb in der Innenstadt zu massiven Verkehrsbehinderungen.
Eigentlich immer beteiligt ist der Bezirk Mitte, da zu diesem die City und auch die veranstaltungsstarken Stadtteile St. Georg und St. Pauli gehören. Und Mittes SPD-Fraktionschef Falko Droßmann sieht dringenden Handlungsbedarf: „Der Bezirk Mitte mit seinen attraktiven Flächen – vom Jungfernstieg über die Landungsbrücken bis hin zum Rathausmarkt – wird von Veranstaltungen regelrecht überschwemmt.“ Ein „modernes Veranstaltungsmanagement“ sei jedoch mit der schlechten personellen Besetzung im Bezirksamt Mitte schlicht „nicht möglich“. Diese Personalknappheit könne dafür sorgen, dass Großveranstaltungen nicht mehr genehmigt werden könnten, sagte Droßmann. Er weist auch darauf hin: „Wir haben eigens einen City-Ausschuss eingerichtet, der sich um die Genehmigung von großen Veranstaltungen kümmern soll. Doch diese Entscheidungen sind nicht einfach, weil es doch immer wieder spezielle Wünsche durch Fachbehörden gibt.“
Auch der Einzelhandel in der Innenstadt ist von dem Veranstaltungsmarathon nicht nur begeistert: „Die Koordinierung und zeitliche Entzerrung der innerstädtischen Events muss optimiert werden. Wichtig ist für die Gewerbetreibenden, dass die Kunden jederzeit ohne massive Straßensperrungen die City erreichen können“, sagte City-Managerin Brigitte Engler.
Wie der Einzelhandel sowie die Hotels und Gastronomen die vielen Großveranstaltungen in der City bewerten, untersucht jetzt die Handelskammer Hamburg in einer Umfrage. Die Ergebnisse sollen in Kürze vorliegen. Für Reinhard Wolf, Bereichsleiter Infrastruktur der Handelskammer, steht fest: „Wir brauchen Großveranstaltungen, da diese nicht nur für Hamburger, sondern auch für Touristen ein wichtiger Anziehungspunkt sind.“ Wichtig sei allerdings, dass weder Gewerbetreibende noch die Bürger durch eine räumliche oder zeitliche Belastung der Großereignisse überfordert würden, so Wolf weiter.
Auf die Wertschöpfung durch Großveranstaltungen weist HamburgTourismus-Sprecher Sascha Albertsen hin und nennt als Beispiel die Hamburg Cruise Days, zu denen im vergangenen Jahr an drei Tagen rund 570.000 Besucher strömten: „Die auswärtigen Gäste dieser Veranstaltung geben im Durchschnitt 160 Euro in Hamburg aus. Somit ergibt sich ein kalkulatorischer Wertschöpfungseffekt von etwa 35 Millionen Euro.“ Die Hamburger Wirtschaft und vor allem Einzelhandel, Hotellerie und Gastronomie profitierten also in hohem Maße von diesen und anderen Großveranstaltungen, so Albertsen weiter. Durch Veranstaltungen wie die Hamburg Cruise Days und den Hafengeburtstag gingen Bilder in die Welt, deren Wert mit Geld gar nicht zu bezahlen sei, sagte Albertsen.
Doch die Stadt generiert dadurch nicht nur Einnahmen, sondern gibt Geld dazu: Den Veranstaltern der Hamburg Cruise Days zahlt die Hamburg Marketing GmbH 150.000 Euro für die Durchführung der Großveranstaltung. Zum Hafengeburtstag 2012 hat die Stadt rund 444.000 Euro dazugeschossen – das geht aus der Anfrage des Grünen-Wirtschaftsexperten Anjes Tjarks hervor: „Die finanzielle Beteiligung der Stadt an diesem traditionellen und für Hamburg wichtigen Volksfest muss perspektivisch sinken.“