Auch wenn Besucher fehlen, ist die Gartenschau langfristig für Wilhelmsburg wichtig
Die Internationale Gartenschau (igs) entwickelt sich in Hamburg dieses Jahr offenbar zum Sommerthema. Zu hohe Eintrittspreise, weniger Besucher wegen des schlechten Wetters und Fragen, ob die Entscheidung der Stadt, die igs ausgerechnet in diesem Stadtteil zu präsentieren, richtig war, prägen die Diskussion. Doch die Antwort lautet eindeutig Ja. Durch die igs kann auch der Stadtteil aufblühen. Die Elbinsel ist eine unerkannte Perle, weil sie von den Hamburger Regierungsverantwortlichen über Jahre vernachlässigt wurde. So kam es, dass Wilhelmsburg heute mit den vielen 50er-Jahre-Bauten weder städtebaulich noch kulinarisch interessant für die Hamburger auf der anderen Elbseite ist – obwohl die Insel von dem Fluss umspült ist.
Während Hamburg Stadtteile wie etwa die HafenCity neu errichtet oder St. Georg unter anderem durch neue Wohnungen attraktiver wurde, baut in Wilhelmsburg höchstens mal die Saga. So kam es dazu, dass der Stadtteil verkümmerte. Das muss sich ändern, ansonsten wird der von Hamburgs Politik und der Wirtschaft angepeilte „Sprung über die Elbe“ ins Leere laufen und Wilhelmsburg weiterhin im Schatten der anderen Stadtteile Hamburgs stehen.
Natürlich ist es ein Debakel, wenn weniger Besucher zur Internationalen Gartenschau kommen als erwartet. Doch für ein Urteil über das gesamte Projekt ist es noch viel zu früh. Für die bislang schleppende Besucherzahl ist auch der Regen der vergangenen Tage verantwortlich. Wenn sich das Wetter hoffentlich bessert, können die igs-Veranstalter auf Touristen und Städtereisende aus Nordrhein-Westfalen Schleswig-Holstein, Niedersachsen und anderen Bundesländern hoffen, die während ihres Urlaubs an der Ostsee auch die igs in Hamburg besuchen. Ein kleiner Preisnachlass beim Eintritt wäre allerdings hilfreich, um die angestrebten Besucherzahlen zu erreichen. 19 Euro Eintrittsgebühr klingen einfach besser als 21 – zumal die Besucher der Schau, wenn sie in den Restaurants auf dem Gelände etwas essen oder trinken, nochmals tief in die Tasche greifen müssen. Selbst wenn die Stadt wegen einer Preissenkung nicht mehr ganz auf ihre Kosten kommt, wird sich die Internationale Gartenschau am Ende für Hamburg lohnen. Auf der Elbinsel sind neue Parks entstanden, die, flankiert von den zahlreichen innovativen Neubauten der IBA, den Stadtteil städtebaulich aufwerten.
Die Stadt hat bereits einiges versucht, um die Lage zu verbessern. Das war auch gut so. Es wurden und werden Studenten in dem Stadtteil angesiedelt, um einen vielseitigeren Einwohner-Mix zu erreichen. Doch das allein genügt nicht, zumal die neuen Einwohner neben günstigen Wohnungen auch ein passendes kreatives Umfeld suchen.
Auch wenn die Gartenausstellung am Ende nicht das Geld einbringt, das die Stadt zuvor ausgegeben hat, lohnt sich das Engagement für Hamburg allemal. Der eine oder andere Hanseat, der zuvor nie im Traum daran gedacht hat, seinen „Sprung über die Elbe“ zu wagen, wurde bereits auf der Gartenschau gesehen. Städtereisende, die möglicherweise wegen der igs nach Hamburg kommen, werden sich auch die Innenstadt und andere Viertel ansehen und hoffentlich begeistert wieder nach Hause fahren.
Wilhelmsburg hat Problemviertel, aber auch viele gute Seiten, wie etwa den Elbblick auf die Villen auf der anderen Seite des Flusses. Die Insel darf den Anschluss nicht verlieren. Egal, was es kostet, Hamburg muss mehr für seine Problemstadtteile tun. Gerade durch Veranstaltungen wie die Gartenschau und die Internationale Bauausstellung kann die Chance ergriffen werden, einem vernachlässigten Stadtteil wieder auf die Beine zu helfen. Für Wilhelmsburg ist die Internationale Gartenschau ein Glückstreffer – und für Hamburg.
Die Autorin ist Wirtschaftsredakteurin beim Hamburger Abendblatt