Jugendliche in Hamburg greifen heute erst später zu Alkohol, Tabak und Cannabis. Aber: Es gibt wieder mehr 14- bis 17-Jährige, die schon mal gekifft haben.
Hamburg. Mit einer Anti-Cannabis-Kampagne will Hamburg gegen den steigenden Konsum der illegalen Droge bei Jugendlichen vorgehen. „Wir müssen ganz klar die Botschaft senden: Wer kifft, verschlechtert damit seine Lebenschancen“, sagte Gesundheitssenatorin Cornelia Prüfer-Storcks (SPD) am Dienstag. Mit Plakaten und Postkarten sollen Jugendliche, Eltern, Lehrer und Erzieher über die gesundheitlichen Gefahren aufgeklärt werden. Cannabis dürfe nach ihrer Ansicht keinesfalls legalisiert werden, betonte Prüfer-Storcks.
Eine Befragung von Schülern und Lehrern zum Umgang mit Suchtmitteln (SCHULBUS) habe gezeigt, dass immer weniger Jugendliche anfangen zu rauchen oder Alkohol zu trinken, erklärte der Leiter des Büros für Suchtprävention der Hamburgischen Landesstelle für Suchtfragen, Theo Baumgärtner – sie nähmen aber vermehrt Cannabis. Der Anteil der Jugendlichen, die mindestens einmal in ihrem Leben Haschisch oder Marihuana probiert haben, sei seit 2007 von 23 Prozent auf jetzt 29 Prozent gestiegen, hieß es.
Die fünfte SCHULBUS-Studie stützt sich auf eine repräsentative Stichprobe von 1013 Jugendlichen zwischen 14 und 17 Jahren. Seit 2004 wird die Befragung in der Regel alle zwei Jahre durchgeführt. Die aktuellen Daten wurden den Angaben zufolge Ende 2012 und Anfang 2013 per Tablet-PC erhoben. Ein bundesweiter Vergleich sei nicht möglich, da bisher kein anderes Bundesland so neue Daten vorgelegt habe, sagte Prüfer-Storcks.
„Das Durchschnittsalter der ersten Erfahrungen im Umgang mit Alkohol ist seit 2004 kontinuierlich angestiegen“, sagte Baumgärtner - wie auch bei Rauchen und Cannabis. Es sei wichtig, das Einstiegsalter hinauszuzögern: „Mit einem früheren Einstieg steigt ebenso wie mit einem regelmäßigen Konsum die Gefahr eines späteren Missbrauchs.“
Die Befragung zeige, dass sich das Konsumverhalten von weiblichen und männlichen Jugendlichen angleiche, sagte Prüfer-Storcks. „Die Mädchen emanzipieren sich in negativer Hinsicht.“ Jugendliche aller gesellschaftlichen Schichten nähmen Suchtmittel – in den sozial bessergestellten Stadtteilen sei der Konsum aber stärker ausgeprägt, berichtete Baumgärtner: „Diejenigen, die mehr Geld zur Verfügung haben, konsumieren auch mehr.“
Der aktuelle Alkoholkonsum bei Jugendlichen steige seit 2007 wieder an, berichtete Baumgärtner. Auch exzessives Trinken bis hin zum Komasaufen hat zugenommen: „Gab in 2007 jede/r vierte Jugendliche (25 Prozent) an, mindestens einmal im Monat Binge Drinking zu betreiben, so hat sich dieses Trinkmuster in 2012 inzwischen bei etwa einem Drittel (31 Prozent) der 14- bis 17-Jährigen etabliert“, heißt es in der Studie. Auch geraucht werde seit 2009 wieder mehr, sagte Baumgärtner: „Es geht wieder hoch.“ Das könne möglicherweise auch den Cannabis-Anstieg erklären – schließlich kiffen besonders viele Jugendliche, die rauchen. Für Baumgärtner folgt daraus: „Eine gute Tabakprävention ist auch eine gute Cannabisprävention.“
Die schulpolitische Sprecherin der CDU-Bürgerschaftsfraktion, Karin Prien, kritisierte: „Bereits vor über einem halben Jahr wurde bekannt, dass der Cannabiskonsum gerade bei Hamburger Jugendlichen rapide zunimmt. Trotzdem hat der SPD-Senat tatenlos zugesehen.“ Die Tatenlosigkeit gefährde die Gesundheit von Mädchen und Jungen. Es passe zudem nicht zusammen, dass die SPD nun eine Kampagne ankündige - gleichzeitig aber die Zuschüsse für das Deutsche Zentrum für Suchtfragen des Kinder- und Jugendalters gekürzt habe.
Die gesundheitspolitische Sprecherin der Fraktion Die Linke, Kersten Artus, erklärte dagegen, der „weiterhin auf niedrigem Niveau stagnierende Cannabis-Konsum“ sei kein Anlass zur Skandalisierung. „Es gehört außerdem zum Erwachsenenwerden dazu, Drogen auszuprobieren. Für akute und potenzielle Missbrauchsfälle müssen umfassende Beratungs- und Hilfsangebote sowie verbindliche Aufklärungssequenzen im Unterricht bereitstehen.“ Kinder und Jugendliche müssten ohne Zeigefinger- und Strafpolitik befähigt werden, den eigenen Missbrauch zu erkennen, sagte Artus. Vor allem die Risiken von Alkohol würden nach wie vor unterschätzt.