Die ostfriesische Kette „Combi“ greift im Norden Rewe und Edeka an. 20 neue Filialen sind in Planung, bis zu 1200 neue Arbeitsplätze entstehen. Vor allem im oberen Segment soll gepunktet werden.
Hamburg Das Handelsunternehmen Bünting expandiert nach Hamburg. Langfristig plant die Firmengruppe im Großraum Hamburg 20 Standorte für die Verbrauchermarktkette Combi. Bis zu 1200 neue Arbeitsplätze könnte der Konzern mit Sitz in Leer durch diese Expansion im Norden schaffen. „Wir wollen bis zu drei Märkte im Jahr eröffnen“, beschreibt Matthias Adler, Expansionsleiter Nord bei Bünting, die Wachstumsgeschwindigkeit. Im Stadtgebiet seien Standorte etwa in Eppendorf, Harvestehude oder Winterhude denkbar. Aber auch in den angrenzenden Landkreisen Pinneberg, Segeberg, Stormarn oder dem Herzogtum Lauenburg sucht Bünting sowohl neue Projekte oder plant die Übernahme von Bestandsobjekten.
Die Combi-Märkte agieren preislich ähnlich wie Edeka und sollen daher in Lagen mit einem kaufkräftigen Publikum entstehen. „Die hohe Kaufkraft in Hamburg macht die Region für uns auch so attraktiv“, begründet Volker Dreizler, Expansionschef bei Bünting, die Entscheidung für die Hansestadt. Das Unternehmen sucht Standorte, die eine Verkaufsfläche von 800 bis 3000 Quadratmetern und mindestens 100 Parkplätze bieten.
Fertig portionierte Zutaten in Regalen
Die Geschäfte sollen auch regionale Spezialitäten aus dem Hamburger Umland anbieten, ein Biosortiment vorhalten und gestressten Stadtmenschen dabei helfen, Mahlzeiten zu Hause schnell zuzubereiten. So werden fertig portionierte Zutaten für verschiedene Rezepte in den Regalen liegen. Aber auch an preisbewusste Käufer denken die Combi-Manager: Mit der Reihe „Jeden Tag“ bildet der Supermarkt das Discountsortiment ab, welches die Verbraucher beispielsweise bei Aldi finden.
Bisher ist Bünting mit seinen Geschäften hauptsächlich im Westen und Norden Deutschlands vertreten. Die Kernregionen liegen zwischen der Nordseeküste und dem Münsterland, sie reichen von der niederländischen Grenze im Westen bis nach Ostwestfalen. Aktuell gehören zum Lebensmittelgeschäft von Bünting 21 Famila-Märkte, 75 Combi-Märkte und 400 selbstständige Einzelhändler bei Markant. Die Bünting-Unternehmensgruppe mit mehr als 9000 Mitarbeitern ist in fünfter Generation in Familienhand.
Marktführer vor Rewe und Edeka im Stammgebiet
Zuletzt hatte die Gruppe, zu der auch das gleichnamige Teehandelshaus gehört, auch mit einer weiteren Expansion Schlagzeilen gemacht: Zum 1. Juli übernehmen die Ostfriesen die Supermarktsparte Minipreis der Klingenthal-Gruppe mit Sitz im westfälischen Salzkotten. Minipreis betreibt in Nordrhein-Westfalen, Hessen und Thüringen 33 Verbrauchermärkte und beschäftigt 1200 Mitarbeiter.
Die Entscheidung für eine neue Vertriebsregion in und um Hamburg hat Bünting auch in dem Bewusstsein getroffen, dass die Eröffnung weiterer Märkte im Kerngebiet bisher häufig eigene Geschäfte in Nachbarorten kannibalisiert hat. Schließlich sieht sich die Gruppe im Stammgebiet im Nordwesten Deutschlands bereits als Marktführer vor Rewe und Edeka. Bundesweit sehen die Größenverhältnisse etwas anders aus: Edeka kommt auf einen Jahresumsatz von rund 45 Milliarden Euro, Rewe (Rewe, Penny, Toom) liegt beim Umsatz in Deutschland auf Platz zwei und Bünting setzt gut eine Milliarde Euro um. Zudem müssen sich die Supermärkte gegen die extrem preisaggressiven Discounter behaupten, die Deutschland zu einem der günstigsten Länder für Lebensmittel in ganz Europa gemacht haben.
„Ein gutes Konzept setzt sich durch“
Auch in der Hansestadt konkurriert Combi mit Wettbewerbern wie Edeka, die bisher knapp 90 Märkte in Hamburg betreiben und ebenfalls weitere Standorte suchen. Bünting-Manager Dreizler ist dennoch optimistisch: „Eine gute Lage schlägt eine schlechte, ein gutes Konzept setzt sich gegen ein weniger gutes durch.“ Neben den Geschäften denkt die Gruppe auch an ein Lager, das die neuen Märkte im Norden versorgen könnte. Anfangs wird Bünting die Logistik aber über sein Lager im rund drei Lkw-Stunden entfernten Leer abwickeln.
Bünting treibt die Konzentration im Lebensmittelhandel weiter, obgleich diese in den vergangenen Jahren bereits erheblich zugenommen hat. 1999 betrug der gemeinsame Marktanteil der acht größten Handelsunternehmen des Lebensmitteleinzelhandels 70 Prozent. Heute erreichen die vier größten Lebensmittelhändler in Deutschland einen Marktanteil von über 85 Prozent. Edeka und die Rewe machen zusammen schon etwa 50 bis 60 Prozent aus.
Das Bundeskartellamt untersucht den Lebensmitteleinzelhandel derzeit auch mit Blick auf den Wettbewerb. Bereits seit Mitte 2012 erhebt das Amt in der zweiten Stufe des Verfahrens Informationen, die klären sollen, ob Handelskonzerne im Vergleich zu kleineren Mitbewerbern über Einkaufsvorteile verfügen und welche Auswirkungen dies gegebenenfalls auf den Wettbewerb hat. Erste Ergebnisse werden für Anfang 2014 erwartet.