Eine Glosse von Alexander Schuller
Warum sind die sonnabendlichen Warteschlangen vor der Fleischtheke im Supermarkt jetzt 200 Meter lang? Warum sind die Atemwege nach einem Sonnenbad auf dem Balkon gereizt wie nach einem vierstündigen Hochzeitsgottesdienst in der russisch-orthodoxen Kirche? Warum stehen plötzlich Indianer in voller Kriegsbemalung auf Ihrer Terrasse?
Drei Fragen, auf die es nur eine einzige Antwort geben kann. Ja, es ist - hurra, hurra! - wieder Grillsaison!
Gibt es etwas Schöneres, als ölige Marinade von zart marmorierten Schweinenackensteaks in die Höllenglut des Grills tropfen zu lassen, um transatlantische Rauchzeichen zu geben? Gibt es etwas Männlicheres als ein verklemmtes Schinkenwürstchen ohne schützenden Handschuh zwischen den Gittern des Grillrosts herauszuwinden? Und gibt es etwas Dämlicheres, als flüssigen Spiritus hinterherzukippen, bloß weil das Holzkohlenfeuer sich nicht entfachen lässt?
Ebenfalls drei Fragen, auf die es nur eine Antwort geben kann: Nein!
Grillen ist kein Sommervergnügen, Grillen ist eine ernsthafte Angelegenheit. Jedenfalls dann, wenn man die Traute hat, das echte, ursprüngliche Garvergnügen mit fossilem Brennstoff durchzuziehen und nicht mit Gas- oder Elektrogrills. Der wahre Hardcore-Grillmeister pfeift auf Nachbarn, ganze Stadtpopulationen und selbstverständlich auch auf den Flugverkehr. Hauptsache, es brutzelt und qualmt; Hauptsache, das Fleisch ist gut durch.
Dennoch plant die EU-Kommission jetzt eine Verordnung zur "zwingenden Einführung eines Bar-B-Q-Warts in dicht besiedelten Wohngebieten ab 1600 Einwohner pro Quadratkilometer". Auch die deutsche Brandschutzverordnung soll entsprechend ergänzt werden. Interessierte werden gebeten, sich schon jetzt beim Verband der Freiwilligen Feuerwehren in Berlin zu bewerben.