Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Kultur machen sich mit einem Manifest für Erhalt der Esso-Häuser stark. Gerade auf St. Pauli, wo nichts bleibt, wie es ist, passen die Esso-Häuser wie die Faust aufs Auge“, heißt es in dem Manifest.
Hamburg. Sänger Jan Delay, Schauspieler Peter Lohmeyer und auch Udo Lindenberg gehören zu den prominenten Unterzeichnern des Manifests zum Erhalt der Esso-Häuser auf der Reeperbahn. "Setzt mich mit auf die Liste der Unterstützer", ließ Panikrocker Lindenberg am Sonnabend von unterwegs wissen und unterschrieb seine Nachricht mit "Udo Esso-Mann".
Am gestrigen Montag haben die Initiatoren, die gegen den Abriss der Gebäude kämpfen, die Unterschriftenliste auf dem Spielbudenplatz präsentiert. Und die Zahl der Unterstützer ist groß: 125 Architekten, Soziologen, Stadtplaner, Schauspieler, Musiker, Maler und Kulturschaffende haben die Forderungen des Manifests unterzeichnet. Dabei sind Kampnagel-Intendantin Amelie Deuflhard und Gängeviertel-Aktivistin Christine Ebeling, der designierte Elbphilharmonie-Geschäftsführer Jack Kurfess, die Autorin Peggy Parnass, Schauspieler Rolf Becker, Musiker Jochen Distelmeyer und der Regisseur und Oscar-Preisträger Pepe Danquart, der Maler Daniel Richter und der Fotograf Günter Zint.
"Gerade auf St. Pauli, wo nichts bleibt, wie es ist, passen die Esso-Häuser wie die Faust aufs Auge", heißt es in dem Manifest. Hier gehe es nicht um "das traute Heim für die Familien aus dem oberen Mittelstand" und nicht darum, "unverbaubaren Kiezblick für solvente Best-Ager" zu schaffen. "Hier leben Leute unterschiedlichster Couleur und sozialer Herkunft, die damit umzugehen wissen, dass dieser Stadtteil allen gehört und die sich etwas anderes nicht leisten wollen oder können", heißt es.
Der Zeitpunkt für die Präsentation der Unterschriften war nicht zufällig gewählt: Denn nach Abendblatt-Informationen liegt dem Bezirk Mitte inzwischen das von der Stadt bezahlte Gutachten des Hamburger Büros dr-architekten vor. Dieses soll am Donnerstag der Initiative Esso-Häuser, die sich vehement für den Erhalt des maroden Gebäudekomplexes einsetzt, vorgestellt werden. Die Experten haben sich in diesem Gutachten mit der Standfestigkeit der Immobilien befasst und das Ergebnis wird wohl auch über die Frage "Abriss oder nicht?" entscheiden.
Erste Mängel hatte das Architekturbüro bereits bei der Begutachtung der Häuser im Februar festgestellt. Die Bauprüfabteilung reagierte und sperrte die Balkone wegen Einsturzgefahr.
Dass die Stadt die Kosten für das Gutachten trägt, die im höheren fünfstelligen Bereich liegen sollen, hatte bereits im Vorfeld für scharfe Kritik von CDU und Grünen sowie dem Bund der Steuerzahler (BdSt) gesorgt: "Wo kommen wir denn hin, wenn wir alle privaten Streitigkeiten zukünftig über Gutachten klären, die mit Steuergeld bezahlte werden?", kritisierte BdSt-Geschäftsführer Marcel Schweitzer.
Der Streit um die Zukunft der in die Jahre gekommenen 1960er-Jahre Bauten zieht sich seit mehr als vier Jahren hin: Damals, am 1. Mai 2009, hatte die Bayerische Hausbau die Esso-Häuser samt Kulttankstelle gekauft. Die Pläne der Investoren, 240 neue Wohnungen samt Gewerbe zu bauen, sind kaum vorangekommen. Ein Abriss der Immobilie war bislang an den Protesten der Initiative Esso-Häuser gescheitert.
Kritik an den Investoren kommt von Steffen Jörg von der Initiative Esso-Häuser: "Die Gebäude sind bislang nur wenig instand gehalten worden." Eine Anwohnerin sagte bei der Vorstellung des Manifests: "Es wird immer von Schandfleck gesprochen. Meinen die damit die Häuser oder uns?" Der "Recht auf Stadt"-Aktivist Christoph Twickel erklärte, warum er am Manifest mitgearbeitet habe: "Die alten Gebäude sind ein Juwel und schreiben Stadtgeschichte." Mit den Forderungen zum Erhalt der Häuser wolle er den politischen Preis für einen möglichen Abriss in die Höhe treiben. In dem Manifest heißt es auch: "Das, was hier auf dem Spiel steht, ist eine zentrale Herausforderung für eine zeitgemäße Stadtentwicklungspolitik." Die Forderung: "Man muss dem Umstand Rechnung tragen, dass sich Leute ihre Stadtteile, ihre Häuser angeeignet haben." Und die klare Botschaft: "Gerade weil St. Pauli mit Event-Architektur zugestellt wird, meinen wir: Es darf keinen Abriss geben!"