Der Umbau des Ufers am Baumwall kostet 80 Millionen Euro. Aber die Qualität des Materials aus China ist fraglich. Bis zu 70 Prozent Ausschussmaterial sollen einzelne Lieferungen enthalten.

Hamburg. Bei der Hamburger Architektur-Olympiade überzeugte 2006 die international renommierte Architektin Zaha Hadid mit ihrer Idee von einer neuen Ufer-Promenade zwischen Baumwall und Landungsbrücken. Inzwischen wird an der Promenade gebaut, 80 Millionen Euro soll sie kosten und vor allem einen besseren Hochwasserschutz als heute bieten.

Auffälliges Gestaltungsmerkmal sind breite Treppen- und Terrassen-Anlagen zum Wasser, die zum Verweilen einladen sollen. Große Teile dieser neuen Elbtreppen werden mit dunklem Basaltstein verkleidet - als architektonisch besonders reizvoller Kontrast zu den hellen Treppenstufen. Immerhin 16.200 Quadratmeter von diesem vulkanischen Ergussgestein sollen dafür verarbeitet werden.

Eine riesige Menge, wie man sie derzeit nur aus Vietnam, Indien oder wie in diesem Fall aus China bekommt. Doch ausgerechnet diese Steine aus einem chinesischen Steinbruch führen derzeit offenbar zu heftigen Problemen: "Nur Stress damit", heißt es bei den Arbeitern auf der Baustelle. Und wer sich die per Schiff gelieferten Paletten mit den Basaltblöcken genauer anschaut, entdeckt vielfach Kreidekringel um weißliche Flecke im Stein, hier und dort auch bei Rissen und Abplatzungen. Offensichtlich markierte Schäden.

Bis zu 70 Prozent Ausschussmaterial sollen einzelne Lieferungen enthalten, heißt es in der Naturstein-Branche. Bauherr ist der Landesbetrieb Straßen, Brücken und Gewässer (LSBG). Verantwortlich im Senat ist die Verkehrsbehörde.

Eine Bestätigung für die kolportierte Zahl gibt es dort zwar nicht. Aber auf Anfrage des Abendblatts räumt die Behörde ein, "dass einzelne Lieferchargen einen außergewöhnlich hohen Ausschussanteil hatten", wie eine Sprecherin sagte. Wie groß dieser Anteil ist, wollte sie nicht benennen. Über "Details in der Vertragsabwicklung" mache der Landesbetrieb in der Öffentlichkeiten keine Angaben, hieß es zur Begründung.

Nur so viel: 2011 wurde die Lieferung europaweit ausgeschrieben. Den Zuschlag bekam der Baustoffkonzern Saint Gobain Building Distribution, der auch in Deutschland vertreten ist, Tochterunternehmen ist hier unter anderem Raab Karcher. Acht Unternehmen hatten Angebote abgegeben, Saint Gobain habe laut Behörde das "wirtschaftlichste", also günstigste, Angebot vorgelegt. Die Lieferung stamme aus einem einzigen Steinbruch in China, der Lieferant habe sich vertraglich verpflichtet, dass dort internationale "Kernarbeitsnormen" erfüllt würden. Auch ein Vertreter des Architekturbüros habe sich vor Ort davon überzeugt, dass dort internationale Regeln zu Arbeitsbedingungen eingehalten würden und es keine Kinderarbeitet gebe, wie sie aus asiatischen Steinbrüchen immer wieder gemeldet werden.

Veranschlagt wurden die Kosten der Basalt-Lieferung nach Hamburg mit 110 Euro pro Quadratmeter. Wie viel genau bezahlt wurde, unterliege der Vertraulichkeit. Diese Veranschlagung sei aber "auskömmlich", so die Behörde. Was bedeutet: Die tatsächlichen Kosten liegen unterhalb der Veranschlagung.

Die weißlichen Flecken im Basaltstein sind laut Behörde tonmineralische Einschlüsse, die beim Fließen und Erstarren des vulkanischen Basalts in das Material gekommen sind. Basalt sei eben ein Naturprodukt und unterliege natürlichen Qualitätsschwankungen. Das Problem ist aber: Diese Einschlüsse dehnen sich unter Wärmeinstrahlung anders aus als der Stein drum herum. Die Folge können später Spannungen sein, was wiederum zu Rissen und Abplatzungen führen kann. Auch bei dem Ausschuss am Baumwall weisen nach Abendblatt-Information die reklamierten Basaltsteine solche Einschlüsse, Risse und Abplatzungen auf.

Der Landesbetrieb ließ deshalb die Steine von einem Baustoffinstitut noch einmal prüfen - allerdings nur Stichproben. Dabei hätte der Stein die vertraglich geforderten Eigenschaften erfüllt, zudem würden jetzt alle Lieferungen durch "Sichtkontrolle" an der Baustelle überprüft, heißt es nun. Außerdem habe die Analyse ergeben, dass die Mustersteine zur Vertragsvergabe und die tatsächliche Lieferung "nicht unzulässig voneinander abweichen." Eine Formulierung, die man wohl mit dem Wort "grenzwertig" besser beschreiben könnte.

Doch was passiert, wenn nun auch verbaute Steine in naher Zukunft weitere Schäden aufweisen und Risse bekommen? Die Stadt zieht sich in dieser Frage auf die übliche Gewährleistung von fünf Jahren zurück, eine Garantie darüber hinaus sei nicht vereinbart worden. Das Aussortieren von mangelhaften Lieferungen führe allerdings nicht zu zusätzlichen Kosten oder gar Verzögerungen im Bauablauf, versichert die Verkehrsbehörde auf Anfrage des Abendblatts.

Nach derzeitigem Plan sollen die Arbeiten am Baumwall samt der Montage von Treppenstufen planmäßig bis zum Ende dieses Jahres abgeschlossen sein. Die Arbeiten für den westlichen, zweiten Abschnitt bis zum Rundbunker haben ebenfalls schon begonnen und sollen bis 2014 andauern. 2015 dann wird voraussichtlich der dritte Abschnitt bis zum Hafentor in Angriff genommen. Noch also ist dort reichlich Basalt aus China zu verbauen - und wohl auch zu sortieren