Willfried Maier von den Grünen und Ex-Wirtschafts-Staatsrat Gunther Bonz lieferten sich im Hamburg Museum eine lebhafte Diskussion über Wachstum, Stadtentwicklung und Investitionen.

Hamburg. Äußerlich gab es da sogar eine gewisse Ähnlichkeit: Eher hagere, drahtige Gestalt, randlose Brille, scharfer Blick: Doch in der Sache lagen Ex-Stadtentwicklungssenator Willfried Maier (Grüne) und Ex-Wirtschafts-Staatsrat Gunther Bonz (heute Manager beim Umschlagskonzern Eurogate) bei dieser Veranstaltung selten auf einer Linie. Im Hamburg Museum trafen sie jetzt zum Streitgespräch aufeinander: Thema, na klar, der Hafen. Ist er der Motor für eine wirtschaftliche gute Zukunft der Stadt – oder bremsen die hohen Investitionen eher die künftige Entwicklung Hamburgs? Um diese Frage kreiste die gut besuchte Diskussion, zu der das Museum gemeinsam mit der Stadtplanergruppe „nexthamburg“ eingeladen hatte. Ein Streitgespräch von dreien, das die Sonderausstellung „Wohin mit der der Stadt“ begleitet. Und weil das ein Thema der Stadtentwicklung ist, ging es auch im Bonz-Maier-Duell darum. Der Grünen-Politiker, von 1997 bis 2001 Stadtentwicklungssenator, plädierte für eine Öffnung des Hafens. Die östlichen Bereiche, Steinwerder und der Kleine Grasbrook, müssten Teil der bewohnten Stadt werden. „Dort brauchen wir eine echte Siedlungsbrücke für den Sprung über die Elbe“, forderte er. Hafen-Manager Bonz, der auch Vorsitzender des Unternehmensverbands Hafen ist, wandte sich scharf gegen solche Begehrlichkeiten: Wohnen im Hafen – das lehnt er ab. Hafen sei Lärm, ein Ort, wo 24 Stunden am Tag gearbeitet werde. „Aus gutem Grund ist dieses größte geschlossene Industrie- und Gewerbegebiet Deutschlands getrennt vom anderen Teil der Stadt“, sagt er. Dort, wo Stadtplaner Zukunftsvisionen entwickeln, gebe es viele Jobs und teils Firmen von internationaler Bedeutung. Deutschland, so Bonz, sei eben nur so gut durch die Krise gekommen, weil es noch eben solche Industriestandorte gebe. „Nur von Dienstleistung kann man nicht leben.“

Doch wie sieht die Zukunft des Hafens aus, welche Wachstumsprognosen sind realistisch, wie viel muss noch in Straßen und Brücken investiert werden? Auch das wollte Moderator und nexthamburg-Gründer Julian Petrin von beiden wissen: Er bezog sich dabei auf den städtischen Hafenentwicklungsplan, der bis 2020 ein Umschlagswachstum von knapp zehn Millionen Containereinheiten (TEU) auf dann 20 Millionen vorhersagt. „Das ist einfach mit dem Lineal prognostiziert, in dem man vergangene Steigerungen auf die Zukunft überträgt“, kritisierte Maier. Doch das große Wachstum seit 1990 sei vor allem auf den Fall der Grenzen zum Osten zurückzuführen, das ließe sich nicht wiederholen. „Noch eine Grenze wird nicht fallen!“ Doch mit falschen Prognosen begehe man auch falsche Planungen, sagte er. Dabei könne die Stadt gar nicht so viel in den Hafen finanzieren, wie gewollt: 1,4 Milliarden Euro, so Maier, sollen laut Plan in den Hafen bis 2018 investiert werden. Zweidrittel davon allein für Ersatz und Reparatur bei Straßen, Brücken und Hafenbahn. Doch dieses Geld habe die Stadt „definitiv“ nicht. Mit dem Hafen habe Hamburg ein Sonderproblem, das Geld für andere Bereiche aufzehre.

Bei der Umschlagsprognose gab sich Bonz zurückhaltend, bis 2020 gehe er auch nur von Zuwächsen auf vielleicht 16 Millionen TEU aus, sagte er. Doch Investitionen seien notwendig für die Zukunft. Hamburg habe da kein Sonderproblem, sondern der Hafen müsse viele Dinge wie etwa den Alten Elbtunnel oder Straßen und Brücken finanzieren, die woanders ganz selbstverständlich Teil der allgemeinen Kosten seien. Vehement warnte Hafenmanager Bonz vor einem riesigen Sanierungsstau in allen Bereichen der deutschen Infrastruktur. Beim Nordostseekanal etwa arbeite man mit Technik aus der Kaiserzeit, etliche Autobahnbrücken seien marode. „Die Hochsauerland-Autobahn muss bald komplett gesperrt werden, davon gehe ich aus.“ Die exportorientierte Industrie im Süden des Landes sei angewiesen, schwere Maschinenanlagen per Spezialtransport in den Hafen zu bringen. Weil es aber mittlerweile etliche Lastbeschränkungen für deutsche Autobahnbrücken gebe, sei das kaum noch möglich, so Bonz. „Das ist kein Problem des Hafens, sondern eines des Landes.“

Maier indes sieht die notwendigen Investitionen in die Stadt dennoch als Sonderproblem Hamburgs und untermauerte dies mit einer Zahlen Kaskade: Rund 750 Millionen Euro betrage der jährliche Investitionsetat der Stadt. Gut 100 Millionen davon flössen in den Hafen, also etwa 13 Prozent:

Der Anteil der gut 77.000 Hafenbeschäftigten betrage aber nur 6,8 Prozent der Jobs in Hamburg. Und: 9,4 Milliarden nehme die Stadt pro Jahr durch Steuern und andere Einnahmen ein, 750 davon durch den Hafen – was einem Anteil von acht Prozent entspreche. Auch das müsse man in Beziehung zu den 13 Prozent Hafen-Investitionen setzen, so Maier. „Hamburg hat daher ein strukturelles Problem und kann weniger in Zukunftsbereiche wie die Wissenschaft investieren als andere Städte.“ Bonz widersprach: In Hamburg werde generell zu wenig investiert, „wir konsumieren zu viel“ Warum zum Beispiel seien die Kosten pro Schüler nirgendwo so hoch wie in Hamburg? Ansonsten bleibe er dabei: Das Schiff sei das älteste Transportmittel der Welt mit dem noch immer mehr als 90 Prozent aller Waren transportiert würden. Und immer schon seien die zentralen Handelsplätze und Häfen Insel hoher Lebensqualität und hohen Wohlstands gewesen. Und so, sagt Bonz, kann auch in Zukunft bleiben – wenn die Stadt ihren Hafen weiter pflege.