Im Minutentakt wird am Last-Minute-Schalter gebucht. Heimkehrer bekommen am Flughafen gleich den Wetterblues. Experte beruhigt: “Ein verregnetes Frühjahr bedeutet nicht unbedingt einen schlechten Sommer.“

Hamburg. Mittags, halb zwölf in Hamburg. Der Himmel weint. Und zwar schon seit einer gefühlten Ewigkeit. Auch den Reisenden, die um 12 Uhr mit dem Flieger DE 1493 von der Ferieninsel Mallorca zurückkehren, ist zum Heulen zumute. Deren Stimmung ist so grau wie der Himmel über Fuhlsbüttel. Michaela Lazcanzol, 25, und Nico Kohlhas, 29, gehören zu den Heimkehrern. Als sie, erholt und gebräunt, die Empfangshalle betreten, blicken sie in blasse Gesichter.

So hätten sie vor wenigen Tagen auch noch ausgesehen, sagen sie. Und deshalb in der vergangenen Woche spontan die Flucht in den Süden organisiert. Die gebürtige Argentinierin hatte "die Nase voll" von Niesel und Nebel. "Am liebsten würden wir wieder umkehren und in den nächsten Flieger Richtung Süden steigen", sagt Lazcanzol. Vergangenen Dienstag buchte sie kurzentschlossen die Reise auf die beliebte Baleareninsel. Einen Tag später hob das Paar schon ab. "Ein tolles Schnäppchen war das auch noch. Und das Hotel war noch nicht mit Touristen überfüllt wie in der Hochsaison", sagt Kohlhas. Rund 350 Euro haben die Hamburger für den fünftägigen Kurzurlaub bezahlt. Sonne und 25 Grad all inklusive.

Da ist die Landung in Fuhlsbüttel doppelt hart. Insbesondere, wenn man richtig lange in der Wärme unterwegs war, sich schon daran gewöhnt hat. Wie Tim Horchmer, 20, und Thilo Klaffke, 21. Zehn Monate waren die beiden Freunde aus Bad Segeberg in Australien und Südostasien unterwegs. "15 Grad kühler - das ist jetzt schon eine Ernüchterung." Tim versucht es trotzdem noch mit Flip-Flops. Familie und Freunde holen die beiden Abenteurer vom Flughafen ab. Zumindest gibt es also ein warmes Willkommen.

Die Stimmung am Airport ist heiter und wenig wolkig - wegen der zahlreichen Reisenden, die die "schönste Zeit des Jahres" noch vor sich haben. Einer dieser ganzspontanen "Wetterflüchtlinge" ist Sebastian Fröber, 23. Mit dem gepackten Koffer kommt er zum Flughafen und "will nur noch weg". "Ich brauche dringend Sonne", sagt der angehende Krankenpfleger am Last-Minute-Schalter. Nach 30 Minuten Beratung steht Fröber vor der Wahl: Wien oder Rom. Italien soll schließlich das spontane Ziel seiner Reise sein, da geht nur leider kein Flieger mehr hin. Einen Tag muss er also noch bei Schietwetter aushalten, der Koffer wird aber trotzdem nicht ausgepackt. Am heutigen Dienstag wird er für drei Tage gen Italien abheben. Schade nur, dass Fröber seinen Urlaubsort so spontan wählte, dass er vergessen hat, nach dem Wetter in der italienischen Hauptstadt zu fragen: 22 Grad Celsius bei 70 Prozent Regenwahrscheinlichkeit. Da könnte man fast am Boden der Hamburger Tatsachen bleiben.

Fast im Minutentakt kommen Reisende an die Last-Minute-Schalter. Alle haben schweres Gepäck und den Wunsch, noch am selben Tag die Hansestadt zu verlassen. "Top-Reiseziele sind derzeit Mallorca, die Türkei und Griechenland. Also alles, wo es warm ist", sagt Isabelle Eggert. Die 20-Jährige macht eine Ausbildung zur Tourismuskauffrau am Hamburger Flughafen. "Generell steigen die Buchungen bei schlechtem Wetter", sagt Susanne Stünckel von TUI. Auch für Kurztrips. "Alle Ziele, die man binnen drei Stunden mit dem Flugzeug erreicht, lohnen sich auch für einen schnellen Wochenendausflug", sagt Stünckel.

Oft müsse sie die sonnenhungrigen Norddeutschen aber enttäuschen, sagt Eggert. Denn viele Reiseanbieter nehmen Angebote für denselben Tag meist aus dem Programm.

Dass viele Hamburger auf die Schulferien angewiesen sind und den Urlaub aus beruflichen Gründen nicht von heute auf heute buchen können, wird an Terminal 1 klar: Knapp vier Wochen, bevor die Sommerferien starten, ist der Abflugbereich noch recht leer. Ein verlängertes Wochenende ist also meist die einzige Option für jene, die spontan in den Sommer wollen. Wer am Freitag um 18 Uhr in den Flieger Richtung Balearen steigt, kann Sonntagabend schon wieder in Hamburg landen. Und zahlt für Flug und eine All-inclusive-Versorgung rund 400 Euro.

Frank Böttcher vom Hamburger Institut für Wetter und Klimakommunikation macht derweil allen Urlaubern, die die Ferien noch vor sich haben und sie womöglich an den deutschen Küsten verbringen, noch Hoffnungen: "Ein verregnetes Frühjahr bedeutet nicht unbedingt einen schlechten Sommer", sagt der Experte. "2006 hatten wir auch einen nassen Frühling und dann während der Fußball-Weltmeisterschaft in Deutschland sehr schönes Wetter." Im Übrigen seien es noch knapp vier Wochen bis zum kalendarischen Sommerbeginn.

Böttcher weiß, dass es schon mal zwei bis vier Wochen dauern kann, ehe die Kaltluftberge, die sich über Mitteleuropa festgesetzt haben, wieder abziehen. "Aber danach ist auch eine kräftige Hochdrucklage möglich." Wie eben derzeit nur in der Türkei.