Nachdem die Wanderarbeiter bis Mitte April durch das Winternotprogramm unterstützt wurden, leben sie jetzt seit mehreren Wochen auf der Straße. Eine Lösung für die Situation ist noch nicht in Sicht.

Hamburg. Für die Flüchtlinge aus Libyen, die seit fast sechs Wochen in Hamburg auf der Straße leben, ist die Lage nach wie vor ernst: Bei Temperaturen unter zehn Grad und andauerndem Regen würden immer mehr der Männer ernsthaft krank, hieß es auf der eigens eingerichteten Internetseite für die Flüchtlinge am Freitag.

Hinter verschlossenen Türen wurde bis in den Freitagnachmittag hinein auf verschiedenen Ebenen nach Lösungen gesucht – bislang offenbar ohne Erfolg. Hilfseinrichtungen der Nordkirche und des Diakonischen Werks stehen anscheinend in den Startlöchern, um die Flüchtlinge mit Zeltunterkünften, Verpflegung und Beratung zu unterstützen. Ohne einen Standort und die Klärung des rechtlichen Status’ sei dies aber nicht möglich.

Anwälte prüften derzeit, ob die Stadt wegen „Körperverletzung durch Unterlassen oder “unterlassener Hilfeleistung strafrechtlich belangt werden könne, sagte ein Sprecher der Flüchtlingsorganisation „Karawane“. Von Senat oder Bürgermeister käme bislang keinerlei Signal für eine Unterbringung der Afrikaner. Spontane Hilfe sei aber etwa von der Hamburger Jugendherberge „Auf dem Stintfang“ gekommen, die Decken für die Flüchtlinge gespendet hätte.

Einen Treffpunkt für die Flüchtlingsgruppe bietet seit Mittwochabend ein Informationszelt und eine Dauermahnwache am Hauptbahnhof/Nähe Steindamm. Übernachtungen sind dort aber nicht erlaubt.

Etwa 300 Menschen unter anderem aus Nigeria, Togo und Ghana, die 2011 vor dem Krieg in Libyen flohen, leben derzeit in der Hansestadt auf der Straße. Die Wanderarbeiter waren nach ihrer Flucht über das Mittelmeer auf der italienischen Insel Lampedusa angekommen. Sie lebten in italienischen Flüchtlingscamps, bis diese Anfang 2013 geschlossen wurden: Der europäische Flüchtlingsfonds, mit dem die Auffanglager finanziert wurden, lief aus.

Von den italienischen Behörden mit Papieren ausgestattet, wurden die Flüchtlinge nach Norden weitergeschickt. Viele kamen nach Hamburg und wurden im Winternotprogramm aufgenommen. Seit dessen Ende am 15. April haben sie Bleibe mehr.

Die Flüchtlinge haben einen humanitären Aufenthaltsstatus. Sie dürfen sich drei Monate lang innerhalb der EU aufhalten und reisen. Rechtlich stehen ihnen aber weder soziale Leistungen noch eine Unterkunft zu. In Hamburg bekommen sie somit auch keine Arbeitserlaubnis. Die Hansestadt sieht sich nicht als zuständig und bot den Flüchtlingen bisher lediglich eine kostenlose Bahnfahrt zurück nach Italien an. Der Senat bezieht sich auf das Abkommen „Dublin-II“, auf das sich die Regierungen der EU-Staaten geeinigt haben: Es besagt, dass sich das Land um einen Flüchtling kümmern muss, in dem er erstmals Fuß auf europäischen Boden gesetzt hat. Somit können die Afrikaner auch nur in Italien einen Asylantrag stellen.