Stiftung wollte Ausstellungshaus für Maler privat finanzieren. Doch Streit und ein Ultimatum lassen Projekt scheitern. Bargheer-Stiftung: “Das wären ein Jammer und ein Tiefschlag für das kulturelle Leben in Hamburg.“
Hamburg. Es sollte ein Vorzeigeprojekt hanseatischer Privatinitiative sein. Doch nun steht das geplante Bargheer-Museum im Jenischpark vor dem Aus - noch bevor die Bauarbeiten begonnen haben. Ursache sind Probleme bei der Finanzierung, aber auch Scharmützel hinter den Kulissen der Elbvororte. Im ehemaligen Gartenbauamt am Hochrad sollten Kunstwerke des auf Finkenwerder aufgewachsenen Malers Eduard Bargheer ausgestellt werden.
"Nach aktuellem Stand ist der Plan zum Scheitern verurteilt", sagt Dirk Justus im Namen der Bargheer-Stiftung. "Das wären ein Jammer und ein Tiefschlag für das kulturelle Leben in Hamburg." An der Seite seines Mitstreiters Peter Silze engagiert er sich seit gut fünf Jahren für die Idee. Zur Umsetzung wurden mehr als 2,2 Millionen Euro private Spenden gesammelt. Die Hermann Reemtsma Stiftung stand bereit, mit 1,5 Millionen Euro einen Großteil der Kosten zu tragen. Alles schien startklar zu sein. Eigentlich sollte das Museum im Nordwesten der Grünanlage in diesem Jahr geöffnet werden.
In einem Schreiben vom 14. Januar dieses Jahres jedoch setzte die Reemtsma Stiftung eine Frist bis zum 1. Juni 2013. Ist bis dahin nicht alles klar mit dem Umbau der efeuberankten Gebäude, wird die Förderzusage von November 2009 zurückgezogen. Bis dahin jedoch, das erklärten die Erben Bargheers klipp und klar, seien weder Bauanträge noch behördliche Genehmigungen einzuholen. Konsequenz: In elf Tagen bricht das wirtschaftliche Konzept zusammen.
Die Hermann Reemtsma Stiftung weist den Vorwurf zurück, verantwortlich für das Aus zu sein. "Wir haben das Projekt von Anfang an intensiv und mit Herzblut unterstützt", sagt Geschäftsführer Sebastian Giesen. Irgendwann jedoch wolle man auch Fortschritte in Form einer Baugenehmigung oder eines Mietvertrags für das städtische Gebäude sehen: "Wir können unsere Zusage nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag aufrechterhalten." Probleme hatte es von Anfang an gegeben. Nachdem zuerst alles klar zu sein schien, gab es immer wieder Stillstand. Daran änderte auch ein Krisengipfel bei Kultursenatorin Barbara Kisseler im Frühjahr vergangenen Jahres nichts. Die parteilose Politikerin fungierte bis Juli 2012 offiziell als Patin der Initiative. Zuvor hatte auch Altbundeskanzler Helmut Schmidt den Museumsmachern schriftlich Unterstützung zugesagt.
Erst erhob Oberbaudirektor Jörn Walter ob der aus seiner Sicht mit zu viel Glas geplanten Außenfassade Einspruch, sodass die fertigen Bauanträge im Juni 2012 zurückgezogen werden mussten. Zudem verabschiedete sich die Hermann Reemtsma Stiftung aus dem operativen Geschäft. Es gab Unstimmigkeiten über die Umsetzung. "Wir halten die Sache dennoch nach wie vor für richtig und stehen zu unseren finanziellen Zusagen", sagte Sebastian Giesen damals im Namen seines Auftraggebers Bernhard Reemtsma, Nachfahre der früheren Tabakdynastie, von Haus aus Landwirt und einer der wohlhabendsten Norddeutschen.
Zwar schwiegen beide Seiten, doch der Grund des Zerwürfnisses ist bekannt: Es gab internen Zwist über die Federführung des Projekts. "Die Reemtsma Stiftung wollte das alleinige Sagen haben und war verärgert", meinen die Bargheer-Erben Dirk Justus und Peter Silze. "Wir lassen uns aber die Bauherrschaft nicht nehmen." Dagegen konterte Sebastian Giesen: "Darum geht es nicht. Wenn sie alleine wollen, dann bitte."
Konsequenz des Haders in vornehmen Kreisen: Aktuell geht nichts mehr. Durch die nunmehr jahrelangen Verzögerungen, neue Architektenpläne und zusätzliche Aufwendungen für veränderte Bauanträge sind die Kosten des Museumsprojekts auf drei Millionen Euro gestiegen. Umso schwerer wiegt die Frist der Finanzierungszusage durch die Reemtsma-Stiftung.
"Das ist zeitlich nicht zu schaffen", sagen Justus und Silze. "Wir stehen vor dem Aus." Beide appellieren an Hermann Reemtsma und Stiftungs-Geschäftsführer Giesen, das ursprüngliche Versprechen zu halten. Von einer Frist sei anfangs nie die Rede gewesen. Die gestiegenen Belastungen von mehr als 500.000 Euro, sagt Peter Silze, seien aufzubringen. Es gebe entsprechende Zusagen von privater Seite. Dagegen sei der Aderlass bei Wegfall der zugesagten 1,5 Millionen Euro durch die Reemtsma-Stiftung kaum wettzumachen. "Wir erwarten von der Stadt mehr Unterstützung", ergänzt Dirk Justus.
Die Behörden stehen grundsätzlich hinter der Idee eines selbst finanzierten, gemeinnützigen Museums - nach wie vor. "Die Stadt begrüßt das Projekt seit Langem", sagt Michael Sachs, Staatsrat der Stadtentwicklungsbehörde. "Wir stellen dafür kostenlos einen Teil des Jenischparks und die notwendigen Gebäude zur Verfügung." Trotz der finanziellen Schwierigkeiten der Stiftung rücken wir von unserer Zusage, ein Bargheer-Museum in Othmarschen zu unterstützen, keineswegs ab."
Dennoch kommt Kritik von der CDU. "Für den Steuerzahler ist der langjährige Leerstand des ehemaligen Gartenbauamts und die Nichtverwertung dieser Immobilie ein Beleg für das Unvermögen der öffentlichen Hand, verantwortungsbewusst mit Steuergeldern umzugehen", meint Sven-Hielscher, stellvertretender CDU-Fraktionsvorsitzender in der Bezirksversammlung Altona. In der Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt "gibt es leitende Mitarbeiter, die beratungsresistent sind".
Trotz der Streitigkeiten sind sich alle Seiten unverändert einig, dass die Idee eines Bargheer-Museums im Jenischpark ein hervorragendes Kulturprojekt ist. Der Maler, einer der bedeutendsten norddeutschen Künstler des 20. Jahrhunderts, hinterließ mehr als 1000 Werke. Die meisten sind in einem Depot gelagert, einzelne im Bargheer-Haus am Süllberg aufgehängt. Niemand spricht den Erben Idealismus, Ehrbarkeit und Herzblut ab - Pragmatismus und Durchsetzungskraft schon eher. Beide wollen nicht aufgeben und haben mit Joachim Rottgardt einen namhaften Architekten engagiert. Es ist mittlerweile der Vierte.
Eine kleine Hoffnung für eine Realisierung besteht dennoch. Die Hans-Otto und Engelke Schümann Stiftung würde den Betrieb eines fertigen Museums für mindestens fünf Jahre übernehmen. Unter dem Strich summiert sich das auf 250.000 Euro. "Das Projekt ist ein großer Gewinn für Hamburg und den Jenischpark", sagt Geschäftsführer Bruno Iversen. Seiner Ansicht nach ist die "Tür noch nicht endgültig geschlossen, sondern noch einen kleinen Spalt offen", sagt er zuversichtlich. Er will einen neuen, letzten Vermittlungsversuch unternehmen.