527 Hamburger wie Ulrich Wickert und Roger Willemsen schreiben offenen Brief an Bürgermeister Scholz, um Abriss zu verhindern
Rotherbaum. Die Namen lesen sich wie die Gästeliste eines gesellschaftlichen Großereignisses. Giovanni di Lorenzo ("Zeit"-Chef), Sabrina Staubitz (Moderatorin), Roger Willemsen (Autor) und viele weitere Prominente haben einen offenen Brief an Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unterzeichnet - insgesamt 527 Hamburger. Ihre Forderung: Scholz solle sich im Sinne der Unterzeichner für den Erhalt ihres Stamm-Italieners Osteria Due an der Badestraße 4 in Rotherbaum einsetzen.
Hintergrund ist, dass Unternehmer Lars Hinrichs, Eigentümer der Immobilie, das Haus abreißen lassen möchte. Den Mietvertrag hatte er im Frühjahr gekündigt, Ende September soll die Osteria Due raus. Der Gründer des Online-Netzwerks Xing plant auf dem Areal einen Neubau mit 21 Mietwohnungen und vier Reihenhäusern. Vor wenigen Monaten war der Denkmalschutz für das Nachbarhaus, das ebenfalls Hinrichs gehört, aufgehoben worden. Erst durch diese Entscheidung ist ein Neubau auf dem Gelände überhaupt möglich. Sollte es zum Abriss kommen, müsste die Osteria Due mindestens während der Bauarbeiten etwa zwölf Monate schließen.
In dem Schreiben zu der Unterschriftenliste, das nach Informationen der "Bild"-Zeitung der ehemalige "Tagesthemen"-Moderator Ulrich Wickert verfasst hat, heißt es: "Auch Orte, an denen sich das Gemeinwesen trifft, um neben lukullischen Genüssen Geselligkeit zu pflegen, werden in anderen Ländern zu Kulturgütern gezählt. In Paris stehen das Fouquets oder die Coupole schon seit Jahrzehnten unter Denkmalschutz. Für uns ist die Osteria Due eine Hamburgensie, die aus unserer Tradition nicht mehr wegzudenken ist."
Über den offenen Brief sei Betreiberin Alice von Skepsgardh im Vorfeld nicht informiert worden, sagte sie dem Abendblatt. Sie freue sich aber sehr über das Engagement ihrer Gäste. Mit Hinrichs stehe sie schon seit Längerem nicht mehr in Kontakt. Ihre Haltung hat sich nicht geändert: "Unser Mietvertrag gilt bis 2033. Wir werden dafür kämpfen, dass wir hier bleiben dürfen", sagt Skepsgardh. "Wir gehen hier nicht einfach so raus." Lars Hinrichs sieht das anders. Er sei Alice von Skepsgardh mit "großzügigen Angeboten" entgegengekommen. "Ich habe unter anderem eine Neueröffnung auf demselben Areal sowie Ausgleichszahlungen für die Zeit der Bauarbeiten angeboten", sagt Hinrichs. Darauf sei man nicht eingegangen. Den Mietvertrag habe er fristgerecht gekündigt. Wegen "formaler Fehler" sei er ohnehin nichtig. "Daran ändert auch ein Brief an den Bürgermeister nichts." Ein Treffen der Anwälte beider Parteien sei in Kürze geplant. Senatssprecher Christoph Holstein sagte, dass man den Brief eher als Information denn als eine Handlungsaufforderung verstehe.