Der Hamburger Anlagenbauer stärkt globale Präsenz und baut Belegschaft in der Region aus. Erstmals in der Geschichte des Unternehmens zwei Milliarden Euro Umsatz sowie 229 Millionen Euro Gewinn vor Steuern.
Hamburg. Wenn Richard Bauer über Zigaretten spricht, wirkt das mitunter etwas anachronistisch. "In China wird Gott sei Dank noch sehr stark geraucht", sagte er am Donnerstag, als er die Jahresbilanz 2012 des Hamburger Anlagenbauers Körber AG präsentierte. Es ist eine, angesichts der anhaltenden Wirtschaftskrise in vielen Staaten, erstaunlich starke und gesunde Bilanz. Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens meldete erstmals in der Geschichte des Unternehmens zwei Milliarden Euro Umsatz sowie 229 Millionen Euro Gewinn vor Steuern. Beide Kennziffern waren noch besser als im bereits sehr erfolgreichen Jahr 2011.
Einen wesentlichen Anteil daran hatte wie immer das Tochterunternehmen Hauni in Bergedorf, Weltmarktführer beim Bau von Maschinen zur Herstellung von Zigaretten. Der Trend zum Nichtrauchen in Nordamerika und in weiten Teilen Europas passt der Körber AG naturgemäß nicht in die Strategie. Aber nach wie vor verzeichnet Hauni im weltweiten Geschäft wachsende Umsätze. In Nordamerika und in Europa schrumpft der Zigarettenmarkt, in Asien und vor allem in China aber wächst er noch immer. Der Weltmarkt war 2012 gegenüber 2011 um rund ein Prozent größer. 5,8 Billionen Zigaretten wurden laut Bauer im vergangenen Jahr geraucht, 60 Prozent davon seien in Asien produziert worden. Trotz gesetzlicher Regulierungen in vielen Ländern sei der Investitionsbedarf der Tabakindustrie nach wie vor hoch, sagte der Körber-Chef: "Die Hersteller kaufen unsere Maschinen und Anlagen vor allem, um ihre vorhandenen Produktionskapazitäten zu modernisieren, ihre Produktivität weiter zu steigern und ihre Produkte stärker zu differenzieren."
Die Körber-Gruppe ist in ihrer Arbeit schwer zu fassen. Das komplexe Unternehmen betreibt Anlagenbau und Technologieentwicklung auf höchstem Niveau, ist aber in Hamburg wenig präsent, weil die Produkte der einzelnen Sparten nicht an Endkunden gerichtet sind und weil sie Technologietrends in den verschiedenen Industriesparten auf der ganzen Welt folgen. "Hidden champions" nennt man in der Wirtschaft derartige Unternehmen, die mit ihren Erzeugnissen weltweit Spitzenplätze in der Qualität und in der Vermarktung besetzen, die man aber oft nur in der Branche selbst kennt. Neben Hauni gehört zur Körber AG das Unternehmen Körber Medipak, das Verpackungen, Qualitätskontrolle und Logistik für die Pharma- und Gesundheitsbranche anbietet. Körber Schleifring stellt Werkzeugmaschinen für das Hochpräzisionsschleifen von Metallteilen her. Körber Process Solutions ist als eigene Einheit selbst ein kleiner Mischkonzern innerhalb der Gruppe. Verarbeitungs- und Verpackungsmaschinen für Haushalts- und Toilettenpapiere gehören zum Programm der Sparte ebenso wie Anlagen zur Produktion von Kuverts und Briefumschlägen.
Durch Übernahmen - zuletzt im Februar des hessischen Technologieunternehmens LTi - stärkt die Körber AG ihre Position im Automationsgeschäft. LTi stellt unter anderem Sensoren für präziseste Bewegungen her, wie sie etwa an Operationstischen in Kliniken benötigt werden. Aber auch im Marsauto Curiosity, das 2012 im Rahmen der Nasa-Mission MSL auf dem Roten Planeten landete, stecken LTi-Sensoren. "Insofern haben wir in diesem Segment derzeit auf dem Mars 100 Prozent Marktanteil", sagte Bauer.
Die Körber-Belegschaft erreichte Ende 2012 einen Stand von 9553 Mitarbeitern, das waren gut 40 weniger als 2011. Allerdings hing das mit Verkäufen und Zukäufen von Unternehmensteilen zusammen. 200 Mitarbeiter wurden unabhängig davon neu eingestellt. Von der Wachstumsstärke des Unternehmens sollen auch dessen Heimatstandorte profitieren. "In der Region Hamburg hatten wir Ende 2012 rund 2400 Mitarbeiter, Ende 2013 werden es wohl um 2500 sein", sagte Finanzvorstand Stephan Seifert. Die Tochterunternehmen Hauni und Blohm Jung bauten ihre Belegschaften weiter aus.
Begonnen hatte die Geschichte des Konzerns im Jahr 1946, als der Unternehmer Kurt A. Körber in Hamburg mit der Reparatur und der Produktion von Zigarettenmaschinen begann. Körber stieg zu einem der wichtigsten Industriellen und Mäzene der Hansestadt auf. Seit seinem Tod im Jahr 1992 hält die Körber-Stiftung alle Anteile an den Unternehmen der Körber AG.
Die Gruppe entwickelt sich seither durch eigenes Wachstum und durch Übernahmen weiter und verbreitert ihr Angebot. "Ich glaube, dass wir mit unseren unterschiedlichen Produkten und der Präsenz in vielen Märkten heute besser aufgestellt sind als vor zehn Jahren", sagte Bauer. "Die Strategie der Diversifizierung hat sich für uns ausgezahlt." Man werde weiterhin Unternehmen zukaufen, sei dabei aber "extrem wählerisch. Wir machen nur das, was zu uns passt und was wir können."
Bauer ist sicher, dass dazu auch in den kommenden Jahrzehnten weiterhin die Fertigung von Zigarettenmaschinen gehören wird. "In 30 oder 40 Jahren wird völlig anders geraucht werden als heute", sagte er, "vermutlich so, dass der Tabak nicht mehr in der heute bekannten Art verbrannt wird. Bei der Verbrennung entstehen ja die meisten Schadstoffe. Das zu ändern, daran arbeitet die Branche intensiv."