Zum ersten Mal geht ein Musical aus Deutschland in die USA. Premiere für „Rocky“ am New Yorker Broadway ist im März 2014.
Hamburg/New York. "Das ist doch dieses neue Musical aus Deutschland" - dieser Satz wird am Broadway bald zu hören sein. Denn "Rocky - Fight from the Heart", die Eigenproduktion von Stage Entertainment Deutschland, steht ab März 2014 im Winter Garden Theatre in New York auf dem Spielplan. Damit ist die Geschichte um den Boxer das erste Musical, das in Deutschland Weltpremiere feierte und erst danach in den USA aufgeführt wird.
"Das ist ein historischer Moment für die Branche", sagte Johannes Mock-O'Hara, Geschäftsführer von Stage Deutschland. "Das ist nicht nur ein Meilenstein für unser Unternehmen, sondern auch für die Kulturstadt Hamburg." Die Hansestadt gilt bereits jetzt nach New York und London als drittwichtigster Musical-Standort der Welt. Zwei Millionen Besucher sehen sich laut Hamburg Tourismus pro Jahr ein Musical an und geben dabei - inklusive Eintrittskarten - insgesamt 500 Millionen Euro aus. Am 18. November 2012 wurde im Operettenhaus am Spielbudenplatz die Uraufführung von "Rocky" gefeiert. Seither wird die Show achtmal pro Woche vor nahezu ausverkauften Haus gegeben. Allein im ersten Monat sahen knapp 60.000 Menschen zu.
Erst vor zwei Wochen war "Rocky" mit dem Live Entertainment Award 2013 als "Beste En-Suite-Produktion Deutschlands" ausgezeichnet worden. Und auch im Ausland blieb die Produktion nicht unbemerkt. Schnell kamen die Anfragen aus den USA. "Das zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind", sagt Mock-O'Hara. Drei große Musicalunternehmen gebe es in New York, die Chefs der Firmen seien nach Hamburg gekommen, um sich "Rocky" anzusehen. "Allein schon, dass die Vorsitzenden nach Deutschland fliegen mussten, um sich eine neue Show anzusehen, ist bisher nicht vorgekommen", sagt Mock-O'Hara. Alle drei Unternehmen hatten Interesse. Schlussendlich fiel die Entscheidung für The Schubert Organization und deren Winter Garden Theatre. "Die Bühne war immer unser Traum für dieses Musical", sagt der Stage-Geschäftsführer.
Auf der 1896 eröffneten und renommierten Bühne hatten bereits Welthits wie "West Side Story" und "Funny Girl" Premiere gefeiert. Seit zwölf Jahren bereits läuft dort das ABBA-Musical "Mamma Mia!", das nun umzieht.
Für New York wird "Rocky" kaum verändert, nur die Texte sind wieder in englischer Sprache. Wieder? Ja, denn ursprünglich war die Show in New York erarbeitet worden. Buchautor Thomas Meehan ("Hairspray", "Annie"), Komponist Stephen Flahety, Texterin Lynn Ahrens und der schon zweifach für einen "Tony Award" nominierte Regisseur Alex Timbers waren unter anderem dabei. Das Musical wurde in einer Rohfassung einstudiert und im Herbst 2011 Stage Deutschland in einer Halle in Brooklyn vorgeführt.
Die Auftraggeber aus Deutschland waren beeindruckt und setzten ihren Plan fort, das in Amerika entwickelte Stück in Hamburg uraufzuführen. "Natürlich haben wir bei der Entwicklung des Stoffes insgeheim darauf gehofft, dass die Show international Relevanz haben wird", sagt Mock-O'Hara. Das Musical "Rocky" soll nur der Anfang sein. "Das ist die erste Rakete, die wir steigen lassen", so Stage-Geschäftsführer Mock-O'Hara. Man arbeite gerade an vielen Stoffen, die "ähnliches Potenzial" hätten.
Der New Yorker Regisseur Alex Timbers war in der vergangenen Woche wieder in Hamburg, um zu sehen, wie seine Show, die vom Publikum nach Angaben des Unternehmens sehr gut aufgenommen wird, läuft. Sein Fazit: "Es ist noch immer so gut wie am Anfang - nur dass sich die Akteure noch tiefer in ihre Rollen eingearbeitet haben", sagte er dem Hamburger Abendblatt.
Die Tatsache, dass nun ein Musical erstmals aus Europa nach Amerika exportiert werde, sorge am Broadway für "sehr viel Interesse und Aufregung". "Und es bringt die Leute dazu, mehr über unkonventionelle Wege nachzudenken, um eine Show auf die Beine zu stellen."
Eine Parallele zwischen dem Kämpfer Rocky, der sich gesellschaftlich von unten nach oben boxt und am Ende gegen einen Profi boxt, und dem Musical, das nun am Broadway auch gegen die ganz Großen antritt, gibt es also durchaus. "Jedes Musical am Broadway ist ein Underdog", sagt Timbers. Die Chancen, ob eine Produktion Erfolg habe oder nicht, stünden fifty-fifty. Das Geschäft sei hart. Dass "Rocky" bei den Amerikanern gut ankommt, weil die Geschichte in den USA spielt, ist nicht gesagt, meint Timbers: "Ich glaube aber, diese Geschichte kommt dort und anderswo genauso gut an wie hier in Deutschland."