International, innovativ, gute Infrastruktur: Frankfurt am Main belegt in einem neuen Städteranking Platz eins. Die Hansestadt rutscht ab. Ein überraschender Aufsteiger kommt aus dem Ruhrpott.

Die Finanzmetropole Frankfurt am Main ist unter den 30 größten Städten des Landes am besten auf die Zukunft vorbereitet. Auf Platz zwei liegt München vor Bonn, Düsseldorf und Berlin. Erstmals unter die Top-Ten hat es Essen geschafft. Zu den großen Verlierern gehört dagegen Hamburg. Die zweitgrößte deutsche Stadt findet sich lediglich noch auf Platz elf wieder.

Das sind Ergebnisse des Städterankings zur Zukunftsfähigkeit, das zum dritten Mal nach 2008 und 2010 von dem Hamburgischen Weltwirtschaftsinstitut HWWI mit Unterstützung der Berenberg Bank erstellt wurde.

Die Wissenschaftler untersuchten unter anderem die Wirtschaftskraft der Städte, die Bevölkerungsentwicklung, Erreichbarkeit, Internationalität und den Bildungsstand. „Wir haben dabei nur statistisches Material ausgewertet. Umfrageergebnisse, Expertenmeinungen oder gar Gefühle flossen im Gegensatz zu anderen Aufstellungen dieser Art nicht ein“, sagte HWWI-Direktor Thomas Straubhaar.

Hamburg beispielsweise habe das unverändert gute Image, das die Hansestadt bei vielen Deutschen genieße, bei der Frage der Zukunftsfähigkeit keine Pluspunkte gebracht.

Es kommt auf die drei „Is“ an

Frankfurt verdankt laut Studienautoren den Spitzenplatz drei „Is“: Da ist zum einen die gute Infrastruktur, vor allem mit dem größten Flughafen des Landes. So liegt die durchschnittliche Reisezeit von Frankfurt in 41 europäische Orte per PKW oder Flugzeug bei etwas mehr als drei Stunden. Von Hamburg aus dauert es 20 Minuten länger, wer in Kiel, Leipzig oder Chemnitz wohnt, muss sogar mehr als eine Stunde zusätzlich einplanen.

„Der Südwesten Deutschlands bietet die beste Erreichbarkeit für andere europäische Zentren“, schreiben die Autoren. Im Osten sei Berlin eine Ausnahme – von dort dauert es im Schnitt nur zehn Minuten länger als von Frankfurt aus. Dies ist für Unternehmen, die sich in Deutschland niederlassen wollen, ein wichtiges Argument.

Daneben verwies Straubhaar auf die Internationalität Frankfurts. In keiner Stadt sei der Anteil ausländischer Studenten höher, und nur in München hätten die Unternehmen mehr ausländische Mitarbeiter. Studenten, die bereits in der Region ausgebildet worden seien, hätten einen großen Anreiz, später dort auch zu arbeiten – das potenzielle Arbeitskräfteangebot kann wieder ein Anreiz für international tätige Unternehmen sein.

Beim Anteil der ausländischen Studenten und der Beschäftigten aus anderen Ländern nehmen neben Frankfurt und München auch Stuttgart, Düsseldorf und Aachen vordere Plätze ein. Berlin hat zwar den zweitgrößten Ausländeranteil an den Hochschulen, allerdings liegt die Hauptstadt bei der Internationalität der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten bislang noch im letzten Drittel.

Das dritte „I“, das für Frankfurt spricht, steht dem Autor der Studie zufolge für Innovationskraft. „Besonders der Anteil der Absolventen mit Hochschulreife ist ein wichtiges Maß für den regionalen Zugang zu der Ressource Wissen und den damit verbundenen potenziellen zukünftigen Innovationen“, so Straubhaar.

München ist Frankfurt auf den Fersen

Städte, in denen unterdurchschnittlich viele hochqualifizierte Beschäftigte leben, würden auch weniger Patente vorweisen können. In Frankfurt verlassen nur 3,6 Prozent der Jugendlichen die Schule ohne Abschluss, nirgendwo sind es weniger.

Beim Anteil der Schulabgänger mit Hochschulreife hingt die Finanzhauptstadt dagegen mit knapp 40 Prozent hinterher. In dieser Kategorie liegen Hamburg (51 Prozent), Bonn (48 Prozent) und Münster (47 Prozent) vorn. Am Schluss rangieren Chemnitz (32 Prozent) und Nürnberg (31 Prozent).

Doch München ist Frankfurt auf den Fersen. „München legt insbesondere in der Bevölkerungsentwicklung mit einem Wachstum von 9,4 Prozent zwischen 2005 und 2001 zu, sodass sich die bayerische Metropole Hoffnung auf den ersten Tabellenplatz machen kann“, sagte Straubhaar. Prosperierende Städte zögen Arbeitskräfte an, was ihre weitere Entwicklungsfähigkeit positiv beeinflusse.

Zu den Aufsteigern zählen Bonn und Essen. Bonn weist den höchsten Zuwachs an Erwerbstätigen aus, zudem sind die Menschen dort laut Untersuchung besonders produktiv. Einen Sprung von Rang 21 auf zehn gelang Essen. „Dort konnte in den vergangenen Jahren ein urbanes Milieu geschaffen werden“, so Straubhaar. Die einstige Bergarbeiterstadt haben in den vergangenen Jahren besonders von privatem Geld in Stiftungen profitiert, das in Kultur, Freizeit und Bildung geflossen sei.

Bochum und Chemnitz schneiden schlecht ab

Als Gewinner darf sich auch Berlin fühlen. Seit der ersten Erhebung 2008 hat sich die Hauptstadt kontinuierlich verbessert: von Platz 24 über Platz acht bis mittlerweile auf Position fünf. Vor allem bei der Zahl der Arbeitsplätze punktete die Stadt. Sie stieg von 2005 bis 2010 um neun Prozent. Nur Bonn schaffte in dieser Statistik mit knapp zehn Prozent einen höheren Wert.

Auch bei den Standortvorteilen – Infrastruktur, Internationalität und Innovationskraft – hat sich Berlin verbessert. „Deshalb ist auch in Zukunft damit zu rechnen, dass sich die deutsche Bundeshauptstadt regelmäßig unter den ersten fünf Städten wiederfinden wird“, sagte Straubhaar. Und wenn der Hauptstadtflughafen tatsächlich einmal eröffnet werde, sei auch Frankfurt nicht mehr allzu weit weg.

Am unteren Ende der Skala liegen Bochum und Chemnitz. Hier hat sich in den vergangenen Jahren nicht viel verändert: Die Bevölkerungszahl nimmt weiter ab, zudem schaffen die Städte kaum neue Arbeitsplätze.

Insgesamt legten die Experten des HWWI Wert auf die Feststellung, dass sich alle 30 großen Städte im Vergleich zum Rest der Republik überdurchschnittlich entwickelt haben. „Die Schere zwischen den Städten ist nicht sehr viel weiter aufgegangen, dafür aber die zwischen Stadt und Land“, sagte Straubhaar. Mittlerweile werde fast ein Drittel der Wirtschaftsleistung des Landes in den 30 größten deutschen Städten erwirtschaftet, obwohl dort lediglich ein Fünftel der Bevölkerung lebe.