Es sei bezeichnend für den „fahrlässigen Umgang des Gerichts mit diesem bedeutenden Verfahren“, dass die Richter „keinen Plan B für eine Vergabe der Medienplätze hatten“, sagt die Juristin Gül Pinar.

Hamburger Anwälte der Angehörigen der NSU-Opfer haben das Gericht für die Verschiebung des Prozessauftakts gegen Beate Zschäpe und den "Nationalsozialistischen Untergrund" kritisiert. Es sei bezeichnend für den „fahrlässigen Umgang des Gerichts mit diesem bedeutenden Verfahren“, dass die Richter „keinen Plan B für eine Vergabe der Medienplätze hatten“, sagt die Hamburger Juristin Gül Pinar, die gemeinsam mit drei weiteren Anwältin die Familie des 2001 in Hamburg ermordeten Süleyman Tasköprü vertritt. "Es war abzusehen, dass die Klage der türkischen Zeitung Erfolg haben würde." Dass das Münchner Gericht erst auf Druck der Verfassungsrichter reagiere, sei zudem bezeichnend.

Es sei nicht nachvollziehbar, warum das Gericht bisher nicht einen größeren Saal für das Verfahren angemietet habe, hob Binar zudem hervor. Die Journalistenplätze im Gerichtssaal müssten neu vergeben werden, teilte das Gericht am Montagmittag überraschend mit. „Dies ist bis zum geplanten Hauptverhandlungsbeginn am 17. April 2013 zeitlich und organisatorisch nicht mehr möglich“, heißt es in dem OLG-Beschluss. Die mutmaßliche NSU-Terroristin Beate Zschäpe muss sich in München wegen Mordes verantworten, zudem sind vier mutmaßliche Helfer angeklagt. Nach dem erbitterten Streit über die Beteiligung von Medien und Öffentlichkeit hat das Oberlandesgericht (OLG) München den Start des NSU-Prozesses kurzfristig um knapp drei Wochen verschoben. Statt an diesem Mittwoch beginnt das Verfahren um die Morde der rechtsextremen Terrorzelle NSU nun erst am 6. Mai. Das Bundesverfassungsgericht hatte am Freitag angeordnet, dass im Gerichtssaal Plätze für Journalisten türkischer und griechischer Medien reserviert werden müssen.

Auch die Hamburger Anwältin Doris Dierbach kritisiert: „Insgesamt wird in der Vorbereitung und Organisation des Verfahrens durch das Oberlandesgericht deutlich, dass es dem Vorsitzenden ein wenig an Fingerspitzengefühl fehlt.“ Dierbach wird in München gemeinsam mit zwei weiteren Anwälten aus Hamburg die Familie des 2006 in Kassel mutmaßlich durch den NSU ermordeten Halit Yozgat. Erst am Montagmittag hatte die Kanzlei von der Verschiebung des Prozesses erfahren. „Unsere Mandanten nehmen die Verschiebung des Prozesses mit gemischten Gefühlen auf“, sagt Dierbach. Einerseits ziehe sich die Anstrengung und Anspannung vor dem Verfahren für sie noch einmal in die Länge. Andererseits sei ihnen die Teilnahme türkischer Journalisten ein wichtiges Anliegen, so dass sie sich durchaus darüber freuen würden, dass das Bundesverfassungsgericht dies durch seine Entscheidung ermöglicht habe.