Langer Winter verzögert die Pflanzenblüte. Vor allem Gärtnereien und das Baugewerbe haben Einbußen. Manche fürchten Entlassungen.
Hamburg . Leuchtendgelb, in sattem Ultramarinblau oder Zartrosa - so bunt sollte es allmählich in den Gärten der Stadt blühen. Schließlich hat gerade der Frühling begonnen. Stattdessen bleibt es wohl erst einmal beim bekannten Einheitsgrau. Aber der lange Winter verzögert nicht nur die Pflanzenblüte, er verschiebt auch Bauarbeiten. Gartenbetriebe und die Baubranche hoffen, dass sie spätestens nach Ostern mit den Arbeiten beginnen können. Sonst drohen Entlassungen.
"Durch den Endloswinter rutscht die Pflanzzeit deutlich nach hinten", sagt Andreas Kröger, Landeschef des Gartenbauverbands Nord. Mit drastischen Folgen: Mehr als zehn Millionen Stiefmütterchen stehen im Moment in den Gewächshäusern der gut 100 Gärtnereien in der Hansestadt. Es gebe Betriebe, die auf 200.000 Pflanzen säßen, sagt Kröger. "Das trifft die Kollegen voll. Das Ostergeschäft wird wohl auf der Strecke bleiben."
Auch für die Internationale Gartenausstellung (igs) in Wilhelmsburg ist die lange Kälteperiode eine Herausforderung. Schon jetzt sind die Macher deutlich im Zeitverzug, eigentlich war geplant, am vergangenen Mittwoch mit den Pflanzungen zu beginnen. Nun sind diese Arbeiten auf Ostersonnabend verschoben worden. 200.000 Frühjahrsblüher wie Stiefmütterchen, Ranunkeln, Gänseblümchen oder Hornveilchen sind in 30 Gärtnereien zwischengelagert. Ein Gutes habe diese Verzögerung aber, sagt igs-Sprecher Michael Langenstein: "Je später die Blumen eingepflanzt werden, desto länger haben die Besucher ihre Freude an der Blütenpracht." Verläuft die Pflanzaktion zu Ostern planmäßig, können die Blumen bis in den Mai hinein blühen.
Die Pflanzenexperten beobachten seit Jahren eine Veränderung. "Das Wetter ist nicht mehr berechenbar", sagt Bernhard von Ehren, Geschäftsführer der Baumschule Lorenz von Ehren. Extremfröste schon im November, eine feste Schneedecke im März und dazwischen heftige Temperaturschwankungen - das stelle die Betriebe vor große Herausforderungen. "Wir haben ein Zeitfenster bis Mitte Mai, bis dahin müssen wir schaffen, was wir sonst in acht bis zehn Wochen machen", sagt von Ehren. Das bedeutet Zehn-Stunden-Tage für die 160 Mitarbeiter, sechs Tage die Woche.
Von "erheblichen Mehrkosten" geht der Vorsitzende des Fachverbands Garten-, Landschafts- und Sportplatzbau, Thomas Schmale, aus. Schon jetzt beziffert er den "Gewinnverlust auf bis zu 20 Prozent". "Wir hängen in der Warteschleife. Der Zeitverlust ist nicht aufzuholen."
Auch die Baubranche leidet unter Schnee und Kälte, die Unruhe wächst. "Wir sind zwei Wochen im Zeitverzug", sagt der Hauptgeschäftsführer der Bau-Innung, Michael Seitz. Nach den ersten Frühlingstagen Anfang März hätten viele Firmen schon mal losgelegt. Der wetterbedingte Zwangsstopp mache den Unternehmen nun schwer zu schaffen. Noch bis zum 31. März werden die Verluste durch das Winterkurzarbeitergeld abgemildert. "Wenn es bis dahin nicht besser wird, wird es dramatisch", sagt Thomas Sander, Innungsobermeister und Chef von Heinz-Sander-Bau in Meiendorf. Dann könne es auch passieren, dass Betriebe entlassen müssten.
"Was wir normalerweise in zwölf Monaten machen, müssen wir jetzt in zehn Monaten abarbeiten", sagt auch Peter Möller, Geschäftsführer bei der Otto Wulff Bauunternehmung. Um die Fristen einzuhalten, werde teilweise rund um die Uhr gearbeitet. "Da fallen Überstunden- und Wochenendzuschläge an", sagt Möller. Dadurch komme es zu Kostensteigerungen von drei bis vier Prozent.
Die Bezirke hängen mit etlichen Straßenbaumaßnahmen, wie der Beseitigung von Schlaglöchern oder Markierungsarbeiten, hinterher. "Zurzeit ist nur eine provisorische Beseitigung von Schäden möglich", sagt Altonas Bezirksamtssprecher Nils Fischer. Auch mit der Frühjahrsreinigung von Spielplätzen und Grünanlagen konnte noch nicht begonnen werden.
Die Alsterschwäne frieren zwar nicht in ihrem Eppendorfer Winterquartier, aber mit ihrem Umzug auf die Alster müssen sie sich noch zweieinhalb Wochen gedulden. Schwanenvater Olaf Nieß hofft, die Tiere am 9. April freilassen zu können.