Auch das geplante Konzerthaus im Miniatur Wunderland weist erhebliche Mängel auf. Es wird teurer und erst im September eröffnet - eventuell.
Hamburg. Im Wissen um die völlig verkorksten Prestigebauten des Landes hätten sie eigentlich gewarnt sein müssen. Aber manchmal sind die Mahnmale katastrophaler Bauplanung wohl nicht mahnend genug. Stuttgart 21? Berliner Großflughafen? Elbphilharmonie? Gab's da Probleme?
Und jetzt haben sie den Salat, der nächste Bauskandal ist da. Tatort diesmal: die Speicherstadt. Massiver Pfusch am Bau schockiert die Verantwortlichen im Miniatur Wunderland. Am Donnerstag musste Geschäftsführer Frederik Braun einräumen, dass die Nachbildung der Elbphilharmonie nicht nur deutlich teurer, sondern auch deutlich später fertig wird. Als Konsequenz sei das Geschäftsverhältnis mit dem Bauunternehmen, der "Drunter & Drüber AG", gekündigt worden. "Auch die halbe Modellbauabteilung steht vor der Kündigung", sagt Braun. Die Nerven liegen blank. Und zwar so was von.
Im Mai, nach nur einem Jahr Bauzeit, sollte die Mini-Elbphilharmonie eröffnet werden. Doch jetzt wurde der Fertigstellungstermin auf September verschoben. Von Garantien oder Festpreisen will niemand reden. "Wie bei der großen Schwester haben auch wir die Komplexität des Baus unterschätzt", sagt Braun. Statikprobleme, versteckte Detailkosten, zwischenzeitlicher Baustopp - die Parallelen zum unter Umständen, möglicherweise, eventuell 2017 eröffnenden echten Wahrzeichen sind erschreckend. Inklusive des, man muss es so sagen, angespannten Verhältnisses zum Generalunternehmer. Auf der Baustelle herrsche Chaos, für das vor allem die "Drunter & Drüber AG" verantwortlich sei. In der Luft hängende Sanitäranlagen, eine Rolltreppe ins Nichts und ein völlig desolates Rettungskonzept - das Gebäude soll über einen Sprungturm evakuiert werden - seien nur einige Beispiele der dilettantischen Planung. Nichts, aber auch gar nichts klappt. Im Grunde helfe nur noch Abriss und Neubau.
Derzeit werde mit der "Höher & Weiter AG" aus Berlin-Schönefeld über den Weiterbau verhandelt. Ob ausgerechnet eine bedenklich nah am Großflughafen ansässige Firma das nötige Karma für das Hamburger Problemkonzerthaus mitbringt, wird aber von Experten bezweifelt. Sollten alle Stricke reißen, so Braun, werde man im Gegensatz zur Stadt den Bau notfalls auch allein vollenden. "Teurer ist es sowieso schon geworden." Die kalkulierten Kosten seien von 100.000 Euro auf 285.000 Euro geklettert. Und das ist ausnahmsweise mal kein Witz! Ebenso wenig wie beim wohl mehr als 700 Millionen Euro teuren Pendant.
Ansonsten haben sich die 17 Modellbauer, die das Projekt "Elbphilharmonie & HafenCity" im Miniatur Wunderland nun schon mehr als 3000 Arbeitsstunden betreuen, wirklich alle Mühe gegeben, den Skandal ins rechte Licht zu skandalisieren. Da sitzt das fette "Glasmonster" und frisst reihenweise Steuerzahler. Der Konzertsaal ist ein schlechter akustischer Scherz im Schuhkartonformat. Und am inzwischen efeubewachsenen Südflügel des Kaispeichers hat sich während des Baustopps die "Elbdrommel" eingenistet, die als geschützte Vogelart noch Probleme bereiten könnte. Zudem zeigen die mit dem Bau beschäftigen Mini-Arbeiter, dass sie bestimmt alles wissen, aber ganz sicher nicht, was sie da eigentlich tun. Fungiert als Generalunternehmer vielleicht doch "Krumm & Schief"?
Der Architekt des ganz kleinen Konzerthaus-Desasters ist Gerhard Dauscher, Modellbauchef im Miniatur Wunderland. "Wir haben zwar viele Originalpläne, sind aber wirklich überrascht, wie schwierig es ist, die Elbphilharmonie nachzubauen. Allein die Dachkonstruktion hat uns Nerven gekostet." Zudem soll sich das fertige Modell automatisch öffnen und den Blick in Konzertsaal und Luxuswohnungen freigeben. "Da tüfteln wir noch immer am Mechanismus." Irgendwann, vielleicht im September, wer weiß das heute schon so genau, sollen 1500 Lampen das Haus erleuchten. Und wenn alles klappt, bewegt sich sogar der Dirigent. So viel sei schon verraten.
Natürlich wissen aber auch die Strategen im Miniatur Wunderland, wo mittlerweile 300 Leute arbeiten und jährlich mehr als eine Million Touristen zu Gast sind, dass sich Skandale super vermarkten lassen. Selbst klitzekleine. Darum zweifeln die Geschäftsführer Gerrit und Frederik Braun auch jetzt schon das Einhalten des neuen Zeitplans an. "Ich sehe große Probleme bei den Rettungswegen. Ob die Feuerwehr das so abnehmen kann - ich weiß es nicht", unkt Frederik. Und überhaupt: Solange die Verhandlungen mit den Bauunternehmen "Drunter & Drüber" und "Höher & Weiter" auf Eis lägen, sei es schwierig, Prognosen abzugeben.
Bis der nächste Bauabschnitt (oder der nächste Skandal) präsentiert wird, soll der nicht mal halb fertige Bau als Monument der Schlamperei dienen. Besucher können sich von nun an selbst vom lächerlichen Baufortschritt überzeugen, die Mängel einzeln mitzählen und hübsch empört sein. Vielleicht tröstet dabei die Tatsache, dass kein Steuerzahler die Mehrkosten berappen muss. Seinen Beitrag leistet jeder beim kostenpflichtigen Eintritt.