Nostalgische Frachtsegler und Fischkutter verschwinden zusehends aus den Häfen. Viele werden verschrottet. Auflagen für die Zulassung als Traditionsschiff sind schwierig zu erfüllen.

Greifswald/Hamburg. Die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Museumshäfen schlägt Alarm. Den teilweise mehr als 100 Jahre alten Traditionsschiffen entlang der Ost- und Nordseeküste droht das Aus. Grund sei die zu strenge Auslegung von Zulassungsrichtlinien durch die Seeberufsgenossenschaft, sagte der Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft, Volker Pesch, jetzt in Greifswald. Den Schiffen werde zunehmend die Zulassung als Traditionsschiff mit der Begründung versagt, dass sie nicht mehr dem historischen Originalzustand entsprächen. Stattdessen sollen sie – verbunden mit höheren Anforderungen – als Berufsschiffe geführt werden. „Das kann keiner der Eigner leisten“, sagte Pesch.

Von diesem Mittwoch an sind im Bundesverkehrsministerium Gespräche geplant, um eine Lösung für das Problem zu finden. „Lenkt die Berufsgenossenschaft nicht ein, dann bedeutet es für viele Schiffe den Tod“, sagte Pesch. Ein über Jahrhunderte die norddeutschen Küsten prägendes Kulturgut würde aus den Häfen verschwinden. Auch der immaterielle Schaden wäre groß, weil traditionelle Segeltechniken und altes Handwerk nicht mehr praktiziert und weiter gegeben würden. Soziale Projekte wie die Arbeit mit auffälligen Jugendlichen, die sich auf den Schiffen als Team bewähren müssten, stünden vor dem Aus.

Die alten Ewer, Tjalken, Fischkutter oder Frachtsegler gehören überwiegend Privatleuten oder werden von gemeinnützigen Vereinen betrieben. In jahrelanger Arbeit wurden die Schiffe restauriert und wieder seetüchtig gemacht. Mit einem Schiffssicherheitszeugnis der Seeberufsgenossenschaft dürfen sie Gäste an Bord nehmen und Deckungsbeiträge erheben. Im Unterschied zur Berufsschifffahrt werden diese Einnahmen ausschließlich zum Erhalt der Schiffe verwendet.

Von insgesamt 216 Anträgen auf Erneuerung der Zulassung als Traditionsschiff sind nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft seit dem Jahr 2000 rund 40 von der Seeberufsgenossenschaft abgelehnt worden. 60 Eigner hätten im Zulassungsverfahren aufgegeben, weil ihnen signalisiert worden sei, dass das Verfahren keine Ausschicht auf Erfolg habe, sagte Pesch. „Viele der betroffenen Schiffe sind inzwischen verschrottet.“ Weiteren 25 Schiffen drohe aktuell das Aus, weil die Berufsgenossenschaft die Ausstellung eines Zeugnisses verweigere. Damit ist die Flotte der historischen Segler, Kutter und Frachter in den deutschen Museumshäfen mehr als halbiert.

„Wir haben den Eindruck, dass man mit immer neuen bürokratischen Hürden versucht, die Traditionsschiffe abzuschaffen“, beklagte Pesch. Die Einordnung in die Berufsschifffahrt habe unter anderem zur Folge, dass die Traditionsschiffe von einem Kapitän mit Patent und einer professionellen Crew geführt werden müssten. Damit wären die Eigner finanziell überfordert und müssten aufgeben.