Hamburg. Allergien machen Essengehen immer öfter zum Problem. Zwei Hamburger Sterneköche bieten nun gluten- und laktosefreie Menüs an.

Auf dem Teller liegen knackige Gemüsestückchen: Karotten, Zucchini, Paprika, Kohlrabi & Co. haben Biss und Würze von je einem Zweig Thymian und Rosmarin. Die Kürbiskerne obendrauf sind knusprig. „Unser Bratgemüse ist seit drei Jahren der Renner“, sagt Alexander Iwer vom „Petit Délice“ in der Galleria an den Hohen Bleichen. „Es schmeckt, sättigt, belastet aber Schreibtisch-Menschen nicht und, das Wichtigste, es kann nicht nur von Vegetariern, sondern auch von Gästen mit Laktose- und Glutenintoleranz, die auf Milch- oder Getreideprodukte verzichten müssen, gegessen werden.“

Die Gemüsestücke werden kurz in kochendem Wasser blanchiert, in Eiswasser abgeschreckt und dann in Kokosöl gebraten. Ein Hauch Knoblauch und etwas mit Limonen aromatisiertes Olivenöl geben den Pfiff, ganz ohne Butter oder Sahne und ohne Getreideprodukte.

„Es kommen immer mehr Gäste, die eine Allergie haben und allerlei nicht essen dürfen. Auf unserer Speisenkarte steht schon der Vermerk, dass man nach speziellen Gerichten fragen kann. Dann erklärt der Service sofort, was für den Gast geeignet ist. So bauen wir Schwellenängste ab.“ Auch bei Kochabenden, die angeboten werden, gehe er auf diese Themen ein.

Milchprodukte werden zum Problem für viele

Immer häufiger vertragen Gäste keine Milchprodukte, aber eine Küche in der Spitzengastronomie ist ohne Sahne und Butter kaum denkbar. Sie geben Geschmack und Finesse. Auch das Brot vor und zum Essen gehört dazu. „Ich habe stets glutenfreies Brot in der Kühlung“, sagt Sterne-Koch Ali Güngörmüs vom „Le Canard“ an der Elbchaussee.

„Es wird getaut und geröstet und schmeckt vorzüglich.“ Buchweizen ersetzt Weizen- oder Dinkelmehl, Sonnenblumen- und Kürbiskerne geben Geschmack und Biss. „Wir stellen uns auf diese Gästegruppe ein“, sagt Güngörmüs. „Sie wächst stetig. Aber auch für sie soll Essen ja nicht nur Verzicht sein sondern auch Freude.“

Der Meinung ist auch Iwer. „Es kann nicht sein, dass man für Vegetarier und Allergiker an den Gerichten nur einfach etwas weg lässt, zum Beispiel die Jakobsmuscheln beim Grünkohlrisotto. Ich will schon zeigen, dass ich mir auch für diese Gäste Mühe mache.“

Glutenfreies Ratatouille auf der Karte

So hat er ein Gericht mit kleinen roten und grünen Paprika kreiert, die gefüllt werden mit Ratatouille, einer Gemüsemischung. Dazu gibt es Auberginenpüree, mit Mandeln gefüllte Oliven, die in feinem Paniermehl gewälzt und kurz frittiert werden, und Wildreis. Der ist auch bei Glutenintoleranz zugelassen. „Ein aufwendiges Gericht!“

Im „Canard“ zaubert Güngörmüs eine Artischocken-Tomatensuppe, die er mit etwas Kartoffel bindet. Beim Cremespinat zu pochiertem Ei und Trüffeln lässt er die Sahne weg und nimmt etwas Blanchierwasser und einen Stich Butter zum Pürieren, aber keine Sahne. „Ein klein wenig Butter können viele vertragen. Bei Risotti lasse ich allerdings den Parmesan weg.

Gäste sollen nicht zu kurz kommen

Andere wieder haben nichts gegen alten Parmesan. Da muss man sich ein bisschen durchfragen.“ Wichtig sei auch, dass die Gäste satt würden. Deshalb gebe er gern Maispolenta oder Zitronenkartoffeln zu den Gerichten. Dazu werden Schalotten und etwas Knoblauch mit Zitronenschale angeschwitzt und mit den gerösteten Kartoffeln vermischt, die einen Spritzer Saft bekommen.

Beide Köche wollen nicht, dass ihre Gäste zu kurz kommen, wenn sie Einschränkungen hinnehmen müssen. „Allerdings bin ich dankbar, wenn jemand schon bei der Reservierung anmeldet, worauf geachtet werden muss“, sagt Güngörmüs. In einer Sterne-Küche sei es eine besondere Herausforderung, wenn sich erst bei der Bestellung der Gerichte herausstelle, dass einer oder mehrere in einer Gruppe keine Milchprodukte essen dürfen oder auf bestimmte Getreide verzichten müssen.

„Die Küche hat geächzt“

„Es gibt Gäste, die nicht so schwer krank sind. Die probieren auch gern mal etwas“, sagt Iwer. „Andere dagegen versuchen nichts mehr, weil sie wissen, es bekommt ihnen nicht. Wir haben uns darauf eingestellt, und glutenfreie Sojasoße zu Sashimi vorrätig.“

Manchmal gibt es auch Überraschungen. Güngörmüs hatte eine Gruppe von vier Gästen, zwei Vegetarier, ein Veganer (überhaupt keine tierischen Produkte) und einen Normalesser. „Die Küche hat geächzt“, erinnert sich der Koch. „Denn die vier wollten sieben Gänge speisen. Als dem Normalesser als Hauptgang ein köstliches Rinderbäckchen serviert wurde, waren die Vegetarier begeistert – und orderten das gleiche Gericht.“ Ein Sterne-Koch verzieht da selbstverständlich keine Miene.