Nach Hindenburg-Debatte: Eine umstrittene Inschrift in Hummelsbüttel soll zeitgemäß ergänzt werden. Weitere Inschriften könnten folgen.
Hummelsbüttel. Ein Stahlhelm, eine Tasche mit Marschgepäck und ein Gewehr aus Bronze - beim Blick auf das Kriegerdenkmal in Hummelsbüttel erkennt man schnell, woran es erinnert. Doch es ist weniger der Aufbau des Denkmals als seine Inschrift, die seit Jahren für Streit in dem Wandsbeker Stadtteil sorgte. "Unseren Helden 1914 bis 1918 und 1939 bis 1945" ist in den großen Findling gemeißelt, auf dem die Kriegsgegenstände liegen.
"Die Bezeichnung Helden haben Bürgerinnen und Bürger als nicht zeitgemäß, den vielen Opfern der Kriege nicht gerecht werdend oder sogar als kriegsverherrlichend empfunden", sagt Astrid Boberg von den Grünen in Wandsbek. Seit 2001 hat es regelmäßig Eingaben von Bürgern gegeben, das Denkmal zu entfernen oder zu ergänzen. Immer wieder hatten Anwohner in der Bezirkspolitik vorgesprochen und dafür geworben, das "Militarismus verherrlichende" Denkmal zu verändern.
Nach mehr als zehn Jahren Streit haben sich nun alle Bezirksfraktionen auf einen Kompromiss geeinigt: In Kürze wird das Kriegerdenkmal um einen Findling erweitert. Er soll quer vor dem heutigen Denkmal liegen. "Die Toten mahnen uns Lebende an Frieden und Versöhnung" wird in den Stein gemeißelt sein. Das Gelände um das Denkmal soll gemeinsam mit dem Hummelsbüttler Heimatverein aufgewertet und dauerhaft gepflegt werden. Das Geld dafür kommt vom Bezirksamt. "Diese Lösung für das Kriegerdenkmal in Hummelsbüttel ist ein sinnvoller und ausgewogener Kompromiss mit Beispielcharakter", sagt Xavier Wasner, Bezirksabgeordneter der Wandsbeker SPD.
Bis dahin war es ein langer und schwieriger Weg, erinnert sich die Grüne Astrid Boberg. 2003 stellten sie und ihre Fraktion den ersten Antrag für eine Gedenktafel, damit das Denkmal zumindest eine Einordnung erfährt.
"Von der Mehrheit der Kommunalpolitiker wurde seinerzeit allerdings die Auffassung vertreten, dass das Denkmal die historische Sicht darstelle und deshalb akzeptiert werden sollte", sagt Boberg. Als sich im vergangenen Jahr erneut Bürger an die Bezirksversammlung wandten, entschied die inzwischen im Bezirk regierende SPD, das Vorhaben voranzubringen. In den vergangenen Monaten hat sie gemeinsam mit allen Fraktionen in der Bezirksversammlung den Kompromissvorschlag erarbeitet. Der Gedenkplatz werde "unmissverständlich" zum kritischen Nachdenken über die Vergangenheit anregen, ist Sozialdemokrat Wasner überzeugt. "Es gibt eine andere Sensibilität", glaubt die Grüne Astrid Boberg.
Eine andere Sensibilität zeigt sich nicht nur in Wandsbek, sondern an vielen Stellen der Stadt. Die Debatte um die Umbenennung der Hindenburgstraße ist ein Beispiel, die Forderung nach einem Deserteurdenkmal am Dammtor ist eine andere. Zwischen 100 und 150 Kriegs- und andere umstrittene Denkmäler gibt es in Hamburg.
"In den meisten Fällen, die mir bekannt sind, hat man sich dafür entschieden, das ursprüngliche Denkmal zu erhalten und es durch einen Zusatz ergänzt", sagt Dirk Brietzke, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Historischen Seminar der Uni Hamburg. So sei es beispielsweise mit dem umstrittenen Kriegerdenkmal am Bahnhof Dammtor, am sogenannten 76er-Denkmal, passiert. Neben dem ursprünglichen Block aus Muschelkalk entstand in den 80er-Jahren ein Mahnmal gegen den Krieg, entworfen vom Wiener Künstler Alfred Hrdlicka. "Dass die Denkmäler nicht ganz entfernt werden, ist nicht immer für alle befriedigend", weiß der promovierte Historiker Brietzke. "Es wäre aber falsch, einfach alle historischen Zeugnisse aus dem Stadtbild zu entfernen." Auch das passierte in der Vergangenheit immer einmal wieder. So wurde zum Beispiel das Kaiser-Wilhelm-Denkmal, das einst auf dem Rathausmarkt in Hamburg stand, im Jahr 1929 aus der Altstadt an den Sievekingplatz in der nördlichen Neustadt verlagert. Das Gedenken an den Kaiser erschien in der Republik nicht mehr opportun.
Ein weiteres Beispiel ist das Denkmal für den Afrikaforscher und Gouverneur von Deutsch-Ostafrika, Hermann von Wissmann (1853-1905). Dieses wurde nach heftigen Protesten im Jahr 1968 abgebaut. Jahrzehntelang hatte es vor dem Hauptgebäude der Universität gestanden und an die Kolonialvergangenheit Deutschlands erinnert. 1945 wurde die Statue bei einem Bombenangriff zerstört und 1949 wieder aufgebaut. Einen weiteren Sturzversuch im Jahr 1967 überstand die 2,60 Meter große Bronzestatue ebenfalls, doch in der Hochzeit der Studentenproteste ließ sich das Denkmal nicht mehr halten. Seitdem ist es in der Sternwarte in Bergedorf eingelagert.
Zwei seltene Beispiele, sagt Brietzke. Das Ziel müsse sein, sich kritisch mit den Zeugnissen der Vergangenheit auseinanderzusetzen. "Man muss solche Denkmäler in den historischen Kontext einordnen, daraus erklären sie sich."