Drogeriekette hat ehrgeizige Pläne, sucht 40 Führungskräfte für die Geschäfte. Handelsexperte: “Verdrängungswettbewerb ist voll im Gange“.
Hamburg. Handel ist Wandel, diese Kaufmannsweisheit gilt für Budnikowsky jetzt in überraschender Weise: Geschäftsführer Cord Wöhlke hatte in der Vergangenheit mehrmals betont, das Wachstumstempo zurücknehmen und nicht mehr so viele Filialen eröffnen zu wollen. "2012 kommen keine Geschäfte mehr dazu", sagte er Anfang 2010. "In den vergangenen Jahren haben wir im Schnitt jeweils zehn neue Filialen eröffnet, in diesem Jahr werden es eher drei bis fünf sein", variierte der Budni-Chef diese Aussage vor zwölf Monaten. In der Ruhe liegt die Kraft, hieß die neue Philosophie des Unternehmers. Er bezweifelte das Diktat des Wachstums, ließ auch schon einmal durchblicken, der Ertrag könnte besser sein. Doch nun der Kurswechsel: Schon bald sollen nun doch wieder etliche neue Standorte das bestehende Netz von 160 Läden erweitern. "Wir wollen bis Ende 2014 zwanzig Filialen eröffnen", sagte Wöhlke am Dienstag. Und auch 2012 hat die Drogeriekette schon acht Geschäfte eröffnet, also doppelt so viele wie angekündigt.
Offenbar hat Budni das Rennen mit den Drogerien wie Rossmann und dm um die besten Lagen in Hamburg nun wieder aufgenommen. Die Familienfirma lässt die Muskeln gegen die international tätigen Konzerne spielen, David kämpft weiter gegen Goliath.
Doch wie wird der Machtkampf zwischen Budni und seinen Wettbewerbern ausgehen? Ein Blick auf die internen Pläne der Drogeriekonzerne zeigt, dass deren Wachstumsgeschwindigkeit in der Hansestadt teilweise gebremst ist. "Bei Rossmann sind in Hamburg derzeit keine Eröffnungen geplant", sagte eine Sprecherin des Konzerns am Dienstag. 2012 waren nur zwei neue Standorte in der Hansestadt hinzugekommen, etwa in Lurup. An der Elbe betreibt Rossmann damit 38 Geschäfte, bundesweit sind es 1700 Märkte. Der Konzern hatte seine Präsenz im Norden zuletzt aber auch durch die Übernahme von Kloppenburg ausgebaut. Der aus Karlsruhe stammende dm-Konzern betreibt bundesweit gut 1300 Filialen, und wildert ebenfalls im Norden. 2008 hatte dm beschlossen, nach geeigneten Standorten "bis an die dänische Grenze" zu suchen und führt inzwischen sieben Geschäfte im Stadtgebiet von Hamburg. Über die Zahl der neu an der Elbe geplanten Standorte gab es von dm, der von dem politisch und sozial engagierten Unternehmer Götz Werner gegründet worden ist, keine Angaben.
"Der Verdrängungswettbewerb ist voll im Gange", beschreibt Handelsexperte Nils Blömke von der IPH Handelsimmobilien GmbH die Lage am Markt. Während Schlecker sich bei seinem Expansionstempo kaum für die Rendite interessiert habe, sei Budni hier aber realistischer. Die emotionale Bindung der Hamburger an das Traditionsunternehmen sei ein Heimvorteil, den die Firma geschickt ausspiele.
Dass die Stadt an der Elbe für die Anbieter von Duschgels, Waschmittel oder Kosmetik ein attraktiver Standort ist, liegt angesichts der Einkommensstruktur auf der Hand. Hamburg liegt bei der Kaufkraft im Vergleich der Bundesländer vor Bayern und Hessen. Außerdem sind Einzelhandelsflächen frei geworden: Die Schlecker-Pleite hat die Branche aufgemischt, etliche Läden auch in begehrten Stadtteilen wie Uhlenhorst stehen immer noch leer. "Durch die Schlecker-Standorte kommen wir in Stadtgebiete, die wir bisher noch nicht besetzt hatten, wie Nienstedten oder Billstedt", sagte Wöhlke. Das Unternehmen müsse verhindern, dass sich an einem guten Schlecker-Standort ein Konkurrent niederlasse. Insgesamt hatten 70 Schlecker-Läden in der Metropolregion aufgegeben. "Durch die Pleite haben sich die Marktanteile verändert", ergänzte der 63-Jährige, der sich die Geschäftsführung jetzt auch mit der nächsten Generation seiner Familie teilt. Nicht nur die Drogerien, sondern auch Supermärkte und Discounter wollten hier Umsätze erobern. "Wir müssen in unserer Heimatregion den Marktanteil halten und ausbauen", sagte Wöhlke mit Blick darauf, dass sich Budni auf diese Region beschränkt. Das sei überlebenswichtig.
Bisher habe Budnikowsky eine gute Handvoll Schlecker-Läden übernommen, ergänzte am Dienstag eine Budni-Sprecherin. Auch 50 ehemalige Mitarbeiter des gescheiterten Konkurrenten seien nun bei Budni beschäftigt.
Auch darüber hinaus hat die Firma mit Sitz in Wandsbek noch weiteren Personalbedarf, sagte die Sprecherin: "Wir suchen 40 Führungskräfte für die Filialen."