Ein Kommentar von Julia Witte
Hamburg wird vom Ärztemangel in Deutschland weitestgehend verschont bleiben. Das ist die gute Nachricht. Wer sich in der Hansestadt ein Bein bricht, wird auch in ein paar Jahren noch einen fähigen Chirurgen im nächstgelegenen Krankenhaus finden, der selbst einen schwierigen Bruch gut versorgen kann. Deshalb muss die Nachricht, dass es für Hamburger Kliniken schwieriger wird, Medizinnachwuchs zu finden, Patienten nicht alarmieren. Die Verantwortlichen jedoch sollte sie zumindest nachdenklich stimmen.
Sicher: Man darf nicht vergessen, dass die Ärztekammer eine Interessenvertretung ist. Argumente, die ihr helfen, bessere Arbeitsbedingungen für ihre Mitglieder zu fordern, sind immer willkommen. Aber Fakt bleibt, dass andere Länder jungen Ärzten offensichtlich attraktivere Angebote machen und sich inzwischen schon fast ein Drittel der Medizinstudenten gegen den Arztberuf und für einen Job in der Wirtschaft entscheidet.
Es ist nicht das Geld allein. Zu lange Arbeitszeiten, zu wenig Zeit für den einzelnen Patienten, das sind in Umfragen gewichtige Argumente, die Ärzte als Gründe anführen, wenn sie unzufrieden mit ihrem Job sind. Hamburg ist da keine Ausnahme. Die Stadt profitiert zwar viel von ihrer Anziehungskraft. Junge Mediziner kommen aus denselben Gründen an die Elbe wie junge Programmierer. Aber die Gesundheitsbranche sollte sich nicht zu sehr auf den guten Ruf Hamburgs verlassen. Wer gute Krankenhäuser möchte, braucht gute Ärzte. Dafür gilt es, gute Bedingungen zu schaffen.