Unter rund 8000 Bewerbern für das Astronautenkorps der ESA machte der deutsche Geophysiker Alexander Gerst das Rennen.

Berlin/Paris. Der auf Vulkanologie spezialisierte Wissenschaftler ist einer von insgesamt sechs Kandidaten, die neu ins Astronautenkorps der Europäischen Weltraumorganisation ESA aufgenommen wurden. Außer Gerst wurden zwei Italiener, darunter eine Frau, sowie je ein Däne, ein Franzose und Brite ausgewählt. Die ESA-Neulinge wurden in Paris von Generaldirektor Jean-Jacques Dordain und der Direktorin für bemannte Raumflüge, Simonetta Di Pippo, der Presse vorgestellt.

Für den gebürtigen Baden-Württemberger, der in den letzten zwei Jahren an der Uni Hamburg arbeitete, ist nach eigenen Worten mit der Nominierung ein Kindheitstraum wahr geworden. Seine Raumfahrtbegeisterung habe er von seinem Großvater geerbt. „Als ich etwa sechs Jahre alt war, hat es mein Opa, ein Amateurfunker, geschafft, ein Funksignal zum Mond zu senden und wieder aufzufangen“, sagte Gerst gegenüber der Presse in Paris. "Ich durfte einige Worte in das Funkgerät sprechen. Dann gingen sie zum Mond und kamen nach zweieinhalb Sekunden wieder, so dass ich meine eigene Stimme hören konnte.“ Dieses Erlebnis habe seine Faszination fürs All geweckt. Der Geophysiker äußerte sich stolz darüber, im Team des Astronautenkorps an der Umsetzung der europäischen Raumfahrtpolitik mitwirken zu können.

Der Chef des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Johann-Dietrich Wörner, sprach von einem "sehr guten Tag“ für die deutsche Raumfahrt. Alexander Gerst stehe als deutscher ESA-Astronaut in der langen Tradition erfolgreicher deutscher Kosmonauten und Astronauten. Von Sigmund Jähn bis Thomas Reiter hätten die Deutschen im All "immer ihren Anteil bei der Realisierung nationaler und internationaler bemannter Raumfahrtmissionen erbracht“.

ESA-Generaldirektor Dordain betonte, die ESA stehe an einem Wendepunkt ihrer Geschichte. Nach dem Start des ersten eigenen Raumtransporters "Jules Verne“ und des Wissenschaftsmoduls "Columbus“ zur Internationalen Raumstation ISS im vergangenen Jahr gelte es nun, die europäischen Forschungsressourcen im All effektiv zu nutzen.

Auf die Ausschreibung vom Mai 2008 waren mehr als 8400 Bewerbungen aus allen ESA-Mitgliedsstaaten eingegangen. Voraussetzung für die Bewerber waren ein abgeschlossenes Studium etwa in Biowissenschaften, Physik, Chemie oder Medizin sowie herausragende Fähigkeiten in Forschung und Anwendung. Dazu war hervorragende körperliche Verfassung gefordert sowie fließendes Englisch und nach Möglichkeit auch gute Russisch-Kenntnisse.

Das eigentliche Training erfolgt im Europäischen Astronautenzentrum (EAC) in Köln. Zu den derzeitig acht aktiven ESA-Astronauten gehört der Deutsche Hans Schlegel. Die neuen Raumfahrer bereiten sich in EAC nicht nur auf Missionen zur ISS, sondern auch zum Mond und weiter vor.

Der erste Einsatz für Alexander Gerst erfolgt nach Ansicht von EAC-Chef Gerhard Thiele nicht vor 2013/14. Reich wird der künftige Raumfahrer mit seiner neuen Profession übrigens nicht: Das Gehalt liegt bei etwa 4200 Euro pro Monat - plus diverse Zulagen.