Norwegischer Konkurrent DNV geht mit Hamburger Schiffs-TÜV zusammen. Stellen von 1400 Mitarbeitern betroffen.
Hamburg/Oslo. Beim Hamburger Schiffs-TÜV Germanischer Lloyd (GL) stehen einschneidende Veränderungen bevor. Nach Informationen des Abendblatts soll schon am Donnerstag eine Zusammenarbeit mit dem norwegischen Konkurrenten Det Norske Veritas (DNV) vorgestellt werden. Demnach soll eine gemeinsame Gesellschaft entstehen, an der die Tchibo-Erben Günter und Daniela Herz sowie deren Kinder, die Eigner des Germanischen Lloyds, nur noch eine Minderheit von wohl 30 Prozent halten. Die Vereinbarungen sollen für die Familie Herz auch ein Andienungsrecht enthalten. Damit kann sie ihre Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen in einiger Zeit an Det Norske Veritas verkaufen.
In Hamburger Wirtschaftskreisen geht man davon aus, dass es zu einem Verkauf kommen wird. Die Geschwister hatten den Germanischen Lloyd 2006 übernommen und so vor einer feindlichen Übernahme durch die französische Klassifikationsgesellschaft Bureau Veritas bewahrt. Dafür hatten sie damals 575 Millionen Euro gezahlt.
Unternehmenskreise des DNV in Norwegen bestätigten dem Abendblatt, dass eine Fusion beider Unternehmen geplant sei. Offensichtlich strebt die norwegische Gesellschaft dabei die unternehmerische Führung an. DNV erwirtschaftete 2011 umgerechnet rund 1,3 Milliarden Euro Umsatz. Der Umsatz des GL lag 2011 bei 767 Millionen Euro. Det Norske Veritas ist besonders stark in der norwegischen Offshore-Öl- und Gaswirtschaft engagiert.
Der Germanische Lloyd ist seit der Übernahme durch Herz deutlich ausgebaut worden. So wurden mehrere Unternehmen zugekauft, die das Geschäft um Zertifizierungen und technische Beratung in der Öl- und Erdgasförderung sowie in der Windkraftbranche erweiterten. Das Kerngeschäft ist aber nach wie vor die Klassifikation und technische Beratung in der Containerschifffahrt. Bei der Klassifikation der fahrenden Flotte von Seeschiffen im Containerliniendienst hat der Germanische Lloyd einen Marktanteil von mehr als 40 Prozent. Damit ist das Hamburger Unternehmen unangefochten Weltmarktführer.
Gerade dieses Marktsegment zeigt derzeit Schwächen. Im zurückliegenden Jahrzehnt gab es vor allem bei den Containerschiffen einen Bauboom. Mittlerweile fahren rund 5000 Containerfrachter. In den kommenden Jahren wird es aber deutlich weniger Ablieferungen und neue Bestellungen geben, da die Schifffahrt unter Überkapazitäten leidet. Kürzlich hatte der Germanische Lloyd Mitarbeitern aus der Schiffsklassifizierung angeboten, in andere Bereiche wie die technische Überwachung von Energieanlagen zu wechseln.
GL-Sprecher Olaf Mager wollte sich am Mittwoch nicht zu den anstehenden Veränderungen äußern. Offenbar soll zunächst die eigene Belegschaft informiert werden. Dagegen hieß es auch in Hamburger Schifffahrtskreisen, dass eine Entscheidung über die Zukunft der Klassifikationsgesellschaft unmittelbar bevorstehe. Unumstritten ist auch hier, dass eine Zusammenarbeit mit Det Norske Veritas geplant ist.
Insgesamt beschäftigt der Germanische Lloyd allein in Hamburg rund 1400 Mitarbeiter. Weltweit arbeiten 6700 Menschen für das Unternehmen. Mehr als 7000 Schiffe weltweit werden derzeit nach den technischen Normen der Gesellschaft geprüft.