Studenten der TU Hamburg-Harburg wollen Rover „Asimov“ auf den Mond schießen. Die Chancen dafür stehen nicht schlecht.

Hamburg. Surrend rollt das Rovermodell aus der Bürotür von Karsten Becker, fährt ein paar Meter auf dem Linoleumboden und kehrt wieder um. Lächelnd lässt der 30-Jährige seine Steuerung sinken. „Das ist eins unserer Mondrover-Modelle, an dem wir die Steuerung und die Elektronik testen“, erklärt er. Der kleine Blechkasten, mit der Aufschrift „Hell Yeah, It’s Rock Science“, wirkt kaum spektakulärer als ein ferngesteuertes Auto Marke Eigenbau. Doch die Geschichte dahinter lässt die meisten Gesprächspartner ungläubig mit dem Kopf schütteln. Innerhalb der nächsten drei Jahre soll die größere Variante mit dem Namen „Asimov“ über den Mond fahren. Anlass dafür ist der Lunar X-Preis. Dieser wurde 2007 von dem Internetunternehmen Google ausgeschrieben.

Bis 2015 haben die Teilnehmer Zeit, einen Roboter auf den Mond zu schießen, dort mit ihm mindestens 500 Meter zu fahren und diese Momente per Livestream auf die Erde zu übertragen. Als Erfolgsprämie dafür winken bis zu 30 Millionen US-Dollar. Für den Wettbewerb angemeldet haben sich 29 Teams, auch wenn nur fünf von ihnen bisher ernst zunehmende Fortschritte gemacht haben. Unter ihnen ist auch Beckers Gruppe – die Part-Time Scientists, übersetzt so viel wie Teilzeitwissenschaftler und ihr Rover „Asimov“. „Wir haben gute Gewinnchancen. Unser Konzept ist technisch und wirtschaftlich tragfähig“, erklärt der Doktorand der Technischen Universität Hamburg-Harburg selbstbewusst.

Becker leitet das Elektronikteam der Teilzeitwissenschafter und kümmert sich um das Gehirn des Rovers. Koordiniert wird die Zusammenarbeit der rund 100 Teammitglieder aus aller Welt über das Internet. Mit dabei sind neben Informatikern auch Baumarktmitarbeiter, Betriebswirte oder Forscher vom Teilchenbeschleuniger in Genf.

Wie etwa die Hälfte von ihnen beschäftigt sich auch Becker in Vollzeit mit der Mondmission. Sein Promotionsthema über komplexe Schaltkreise, die parallel arbeitende Prozessoren miteinander verbinden und Aufgaben wie etwa die Steuerung eines Mondrovers erledigen, habe aber schon vor dem Mondprojekt festgestanden, sagt Becker. Mit etwas Glück konnte der 30-Jährige seinen Doktorvater, Professor Georg-Friedrich Mayer-Lindenberg, von dem wissenschaftlichen Wert der Mondmission überzeugen. Sogar Seminare dazu hat Becker an der TU schon gegeben und Studenten eingeladen an „Asimov“ mit zu arbeiten.

An der TU fand auch Informatikstudent Henning Holm zu den Part-Time Scientists. „Ich habe am schwarzen Brett von der Mondmission gelesen und war sofort begeistert. Nach dem Seminar bin ich dabei geblieben und habe das Kamerasystem mitentwickelt“, erklärt er. Bis zu zehn Stunden investiert er dafür in der Woche. Sogar bei der letzten Testfahrt auf mondähnlichem Gelände war er dabei. „Wir haben unseren Rover in einem Schlackeberg in Österreich getestet. Der Sand dort ist fast so fein, wie auf dem Mond“, sagt Holm.

Die regelmäßigen Tests des Mondrovers sind wichtig, immerhin sind die Bedingungen auf dem Erdtrabanten anders. Der Mondsand klumpt zum Beispiel nicht, gesteuert wird wegen der Entfernung mit einer Signalverzögerung von drei Sekunden und die Elektronik des rund 120.000 Euro teuren Rovers muss die Weltraumstrahlung aushalten. Getestet werden die Materialien von „Asimov“ deshalb unter anderem in Druck- und Wärmekammern. Die meisten Bauteile kommen übrigens von Kooperationspartner aus der Industrie. „Wir haben gemerkt, dass man mit dem Satz „Wir wollen zum Mond fliegen“ bei Unternehmen nicht rausgeworfen wird“, sagt Becker. Rund 40 Millionen Euro und unzählige ehrenamtliche Stunden wird die Mondmission am Ende kosten, also selbst mit dem Preisgeld ein Verlustgeschäft. Allein 25 Millionen kostet die Rakete aus Russland und ist dabei noch ein Schnäppchen, wie Becker berichtet: „Im Supermarkt der Raumfahrt ist das eher die Bückware.“

Für realistisch hält er die Finanzierung über Privatsponsoren trotzdem, immerhin sei der Werbeeffekt für Unternehmen groß. Auch die Machbarkeit des Transports steht für den Doktoranden außer Frage. „Asimov“ würde samt Fähre auf der gleichen Route zum Mond fliegen, auf der auch Satelliten in die Umlaufbahn geschossen werden. Der Landpunkt wurde in Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt schon festgelegt. „Wir wollen in der Nähe von Apollo 17 landen und uns den Zustand der Geräte mal ansehen. Mich interessiert wirklich, ob der Schlüssel im Apollo Rover noch steckt, wie es die NASA gerne erzählt“, sagt Becker und lässt den Modelrover noch eine Runde durch sein Büro drehen