Nach einem Brandbrief von 14 Schulleitern aus Wilhelmsburg und von der Veddel erntete Schulsenator Rabe Kritik in der Bürgerschaft.
Hamburg. Der Brandbrief der 14 Schulleiter aus Wilhelmsburg und von der Veddel, über den das Abendblatt am Dienstag berichtete, hat die Debatte der Bürgerschaft über den Schuletat beherrscht. „Dass sich Schulleiter unmittelbar vor der Anmelderunde für die fünften Klassen so deutlich zu den Problemen an ihren Schulen äußern, zeigt, wie groß der Druck vor Ort sein muss“, sagte CDU-Schulpolitiker Robert Heinemann. „Machen Sie Wilhelmsburg zur Chefsache“, forderte Heinemann Schulsenator Ties Rabe (SPD) auf. „Und nehmen Sie Bürgermeister Olaf Scholz am besten gleich mit“, ergänzte die Grünen-Schulpolitikerin Stefanie von Berg.
Mehr als die Hälfte der Drittklässler auf den Elbinseln, so der Brandbrief, haben nur „Erstklässler-Niveau“. Sehr viele Schüler beherrschten Deutsch in Sprache und Schrift nicht sicher. Einmal Versäumtes könne während der gesamten Schulzeit nicht aufgeholt werden. Ein hoher Anteil der Schüler sei unkonzentriert, desinteressiert und ohne Ehrgeiz und Antrieb.
Die Schulleiter hatten vor einem „Deichbruch“ gewarnt. „Wilhelmsburg ist erst der Anfang. Der Deichbruch wird schulformbezogen passieren“, sagte von Berg. Stadtteilschulen auch in anderen Stadtteilen seien in nicht hinnehmbarer Weise belastet – vor allem durch die Folgen der Inklusion. „Die Vernachlässigung dieser Schulform fliegt dem Schulsenator jetzt um die Ohren“, sagte die Grünen-Politikerin. Es sei ein schwerer Fehler von Rabe gewesen, das Grundsatzreferat Stadtteilschule abzuschaffen.
„Die große Weltuntergangsstimmung verbreiten ausgerechnet diejenigen, die sich drei Jahre lang gar nicht um die Stadtteilschule gekümmert haben“, hielt Rabe dagegen und meinte damit die gemeinsame Regierungszeit von CDU und Grünen. „So dramatisch das alles ist, die Probleme sind nicht neu. Und es gibt sicher keine Patentrezepte.“ Aber Rabe präsentierte auch Zahlen: Seit seinem Amtsantritt sei die Zahl der Lehrer auf der Elbinsel von 533 auf 614 gestiegen – bei gleichbleibender Schülerzahl. Rabe räumte ein, dass weitere Schritte nötig seien. Dazu zählten eine verbesserte Fortbildung für Lehrer und veränderte Lehrpläne.
Heinemann war einem Punkt selbstkritisch: „Die Inklusion kam zu schnell. Das geht zulasten von CDU und Grünen.“ Der CDU-Politiker forderte Rabe auf, nach dem Modell von Bremen die Inklusionsschüler auf die Schulen zu verteilen, um einseitige Belastungen zu vermeiden.
„An den Schulen wird in der Breite mehr gelitten als gelernt“, sagte Linken-Fraktionschefin Dora Heyenn. „Immer mehr Schüler leiden an anderen Schülern, und die Lehrer sind überlastet.“ Von einem „Erfolgsmodell“, als das es die SPD bezeichnete, sei die Stadtteilschule weit enternt. Die Inklusion sei „ein Horrortrip für alle Beteiligten“. Rabe hielt dagegen, dass der SPD-geführte Senat 190 zusätzliche Stellen für die sonderpädagogische Förderung der Inklusionskinder geschaffen habe. Anna von Treuenfels (FDP) warf Rabe vor, das Geld „mit der Gießkanne“ verteilt zu haben.