Der Bezirk Eimsbüttel will das Quartier am Rande der Schanze vor “Yuppiesierung“ behüten und die Wohnstruktur bewahren.
Eimsbüttel. Die Untersuchungsergebnisse sind wenig überraschend: Attraktive Altbauten, die Nähe zum Schanzenviertel und die exzellente Infrastruktur machen Eimsbüttel-Süd zum gefragten Quartier. In Krisenzeiten vor allem für Kapitalanleger. Weitere Luxusmodernisierungen und Eigentumsbegehrlichkeiten sind in den kommenden Jahren nicht auszuschließen, fast ein Drittel der Wohnungen ist bereits gekauft worden. Bewohner, die in der Nähe der Gloria- oder 439-Bar zur Miete leben, müssen ihre Verdrängung fürchten, Sozialstruktur und Milieu seien gefährdet. Um das Quartier vor einem ungewollten Wandel zu bewahren, müsse es geschützt werden.
11.500 Menschen leben in Eimsbüttel-Süd. Im Auftrag der Stadt wurde das Gutachten erstellt, Bewohner befragt, Fachleute gesprochen, Perspektiven abgeschätzt. Das Ergebnis bildet nun die Grundlage für die Forderung der SPD-Bezirksfraktion: eine "Soziale Erhaltungsverordnung" muss her, um alteingesessene Bewohner vor der Ausgrenzung zu behüten. "Was in den letzten Jahren schon aus der Schanze herübergeschwappt ist, macht deutlich, auf welchem Weg sich das Viertel befindet", sagt SPD-Fraktionsmitglied Hans-Dieter Ewe. "Auf dem Weg in die Yuppiesierung." Aktuell herrsche ein Verdrängungswettbewerb zwischen zahlungskräftigen, investitionsfreudigen Interessenten und den im Viertel verwurzelten Langzeitmietern. Um die Aufwertung zu regulieren, solle die Bezirksversammlung die Erhaltungsverordnung beschließen. "Es wird dringend Zeit, dass wir unerwünschten Entwicklungen entgegenwirken", sagt Ewe.
Bereits 1995 wurden das nahe Generalsviertel, Barmbek-Uhlenhorst und Teile der Neustadt unter Milieuschutz gestellt. 2001 hob die CDU-Regierung diesen Schutz in vielen Gebieten aber wieder auf, weil die Soziale Erhaltungsverordnung zu bürokratisch und zu wenig wirksam sei. Inzwischen haben Wohnungsnot und Gentrifizierung ein Umdenken bewirkt, 2010 hat der schwarz-grüne Senat die Rolle rückwärts beschlossen. Stadtteile wie Ottensen, St. Pauli oder St. Georg wurden auf ihre Eignung untersucht. "Die angespannte Lage auf dem Wohnungsmarkt hat uns dazu gebracht, die Soziale Erhaltungsverordnung wieder verstärkt einzusetzen", sagt Frank Krippner, Sprecher der Stadtentwicklungsbehörde. "Wir erhoffen uns, damit der Verdrängungsgefahr und insbesondere Umwandlungen von Miet- in Eigentumswohnungen ein wirksames Instrument entgegensetzen zu können."
Von Experten wird eine solche Verordnung allerdings oft als "stumpfes Schwert" angesehen, denn sie könne das Mietniveau nicht dauerhaft stabilisieren. Andererseits kann eine Soziale Erhaltungsverordnung durchaus Mieterschutz bedeuten, weil Modernisierungen und Umwandlungen genehmigungspflichtig werden und die Stadt ein Vorkaufsrecht besitzt. Investoren und Kaufwilligen wird der ungewollte Wandel im großen Stil erschwert, ärmere oder ältere Bewohner sollen nicht in problematische Großsiedlungen getrieben werden. Laut Stadtentwicklungsbehörde konnten mit der Verordnung in der Vergangenheit "65 strukturgefährdende Verkäufe" in Hamburg verhindert oder verträglich gelenkt werden. In der südlichen Neustadt etwa, seit 1995 lückenlos unter Milieuschutz, sei die Bewohnerstruktur intakt.
Für den Sozialdemokraten Hans-Dieter Ewe ist der Beschluss für Eimsbüttel-Süd nur eine Formsache. "Das Gutachten ist eindeutig." Auch Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD) ist "froh" über das Ergebnis. "Es ist zwar nur ein bescheidenes, sprich: zurückhaltend einzusetzendes Instrument, um das Preisniveau zu beeinflussen. Aber immerhin." Auch Eimsbüttel-Nord und Stellingen befänden sich im Stadium der Voruntersuchung für eine Erhaltungsverordnung. In Eimsbüttel-Süd ergab das Gutachten, dass die Bewohner (40 Prozent Singles, 24 Prozent Familien mit Kindern) ihre Nachbarschaft als besonders positiv, bunt, inspirierend und hilfsbereit eingestuft haben. Prädikat: schützenswert. Als negativ wurde dagegen die "Aufwertung" des Quartiers wahrgenommen.