Das Ende der Radwegpflicht erfordert aber Tempolimits
Lange waren die Verhältnisse in Hamburgs Straßenverkehr ganz klar geregelt: Autos gehören auf die Straße, Fahrräder auf die Radwege. Doch langsam - im Vergleich zu anderen Städten sehr langsam - werden diese Vorgaben aufgeweicht. Seit einer Novellierung der Straßenverkehrsordnung im Jahr 1998 und noch mehr seit einem im wahrsten Sinne wegweisenden Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vor zwei Jahren fällt die Radwegbenutzungspflicht immer häufiger weg, in diesem Jahr auch an großen Straßen in Hamburg. Radler dürfen (müssen es aber nicht) auch auf der Fahrbahn fahren.
Das mögen manche Autofahrer beklagen, weil sie - gerade in der dunklen Jahreszeit - noch intensiver aufpassen müssen. Und manchem Radfahrer mag es nicht geheuer sein, sich in den motorisierten Stadtverkehr einzuordnen.
Die beiden großen Interessenverbände von Rad- und Autofahrern, der ADFC und der ADAC, aber sind sich in der Einschätzung überraschend einig: Radfahren auf der Straße sei sicherer als auf den Radwegen. Dort würden Radler von Autofahrern beim Abbiegen häufig übersehen, sagen beide Organisationen. Und vermutlich haben sie damit recht.
Dennoch: Gerade auf größeren Straßen in der Stadt stellt sich beim Radeln auf der Fahrbahn ein mulmiges Gefühl ein. Und das liegt daran, dass der Autoverkehr vielfach zu schnell fließt. Das war jüngst auch Ergebnis eines Lärmgutachtens für den Senat.
Wenn sich nun immer mehr Radfahrer auf die Straße trauen, muss es deshalb flankierende Maßnahmen geben, die den Verkehr insgesamt beruhigen. Ein Tempolimit 30 auf sehr viel mehr Straßen als heute wäre eine solche Lösung. Sie nützte nicht nur den Radfahrern, sondern der gesamten Stadt: Denn ein geringeres Tempo auf den Straßen bedeutet auch weniger Lärm, weniger Staub und weniger Stress. So könnte das langsame Ende der Radweg-Benutzungspflicht nicht nur ein Gewinn für die Radfahrer werden, sondern ein Gewinn von Lebensqualität für alle in der Stadt. Zu hoffen wäre das.