In Metropolen wird das Angebot knapp, so die Erfahrung von Experten. In München kaufen Interessenten bereits, ohne das Objekt gesehen zu haben.

Hamburg/München. In deutschen Großstädten wie in Hamburg und München sind zum Verkauf stehende Häuser und Eigentumswohnungen zur Mangelware geworden. Nach einem jahrelangen Ansturm auf Immobilien finden Käufer kaum noch Angebote zu passablen Preisen. „Das Objektangebot in den Metropolen wird geringer“, sagt Marcus Drost vom größten deutschen Immobilienportal Immobilienscout24. Käufer brauchen nach drastischen Preissteigerungen nicht nur viel Geld, sondern auch immer mehr Geduld.

Seit Beginn der Finanzkrise hat die Angst vor Banken-Zusammenbrüchen, Inflation und Euro-Schuldenkrise einen nie da gewesenen Immobilienboom ausgelöst. Zwar gab es auch früher schon ein Auf und Ab auf diesem Markt, das oft auch von politischen Entscheidungen wie der Eigenheimzulage ausgelöst wurde. Doch vom Boom in den späten 1990ern und 2000ern in den USA und etlichen europäischen Ländern – wo dieser zum Auslöser der Finanzkrise wurde - bekam der deutsche Immobiliensektor wenig mit. So staunen selbst die Experten über die jüngste Entwicklung. „Das habe ich in 20 Jahren noch nicht erlebt“, sagt der Leiter der Marktforschung des Immobilienverbandes Deutschland (IVD) Süd, Stephan Kippes.

Trotzdem ist ein drastischer Preisverfall aus Sicht von Kippes nicht zu befürchten – auch, weil sich die Lage wegen der geringen Zahl der Neubauten nicht entspannen wird. „Ich habe keine Sorgen vor einem Crash.“

Angeheizt wird der Kaufrausch durch historisch niedrige Baugeldzinsen von teils unter drei Prozent. Allein der größte deutsche Makler Engel & Völkers hat aktuell rund 500.000 Kaufinteressenten in seiner Kartei und kann in den Metropolen nicht auf Anhieb alle Wünsche erfüllen. „Der Verkauf ist vergleichsweise leicht“, sagt Vorstand Kai Enders. Bei Immobilienscout24 ist die Zahl der Kaufgesuche seit dem Beginn der Finanzkrise um 500 Prozent gestiegen. Auf ein neues Immobilienangebot bei dem Anbieter gehen mitunter innerhalb einer halben Stunde mehr als 50 E-Mails und Anrufe von Interessenten beim Verkäufer ein.

Goldene Zeiten für Makler? Nicht unbedingt: Zwar ist der Verkauf von Immobilien für sie in vielen Regionen so einfach wie selten – das Problem für sie ist aber, überhaupt noch Wohnungen oder Häuser zu finden, die zum Verkauf stehen. Besonders kleinere Vermittlungsbüros ohne bundesweites Netzwerk wie Engel & Völkers tun sich schwer. Viele sind händeringend auf der Suche und zahlen üppige Prämien für Tipps. „Sie kennen jemanden, der seine Immobilie verkaufen möchte? Geben Sie uns Bescheid“, wirbt etwa ein Makler im Fichtelgebirge und lockt mit bis zu 3000 Euro Vermittlungsprämie.

Der Immobilienboom betrifft aber vor allem die Großstädte, während in Teilen Ostdeutschlands oder Nordrhein-Westfalens Häuser leerstehen oder sogar unverkäuflich sind. „Der Markt ist zweigeteilt“, sagt Enders.

Am angespanntesten ist die Lage derzeit nach Ansicht von Makler Enders in der bayerischen Landeshauptstadt. „München ist am allerschlimmsten.“ Dort bieten einige Makler bei begehrten Immobilien nur noch Sammeltermine an, um die Schar der Interessenten in möglichst kurzer Zeit durchzuschleusen. Bei einer vermieteten Zwei-Zimmer-Wohnung als Kapitalanlage zum Preis von rund 120 000 Euro hätten mehrere Käufer blind am Telefon zugesagt – ohne die Wohnung überhaupt gesehen zu haben, erzählt ein Makler. Zunehmend beliebt wird auch das Bieterverfahren gegen Höchstgebot.

Kaufinteressenten brauchen in diesem Umfeld starke Nerven und den Mut zu einer schnellen Entscheidung. Als Geheimtipp gelten inzwischen wieder Immobilienanzeigen in den Zeitungen: Denn anders als im Internet werden dort nicht automatisch Hunderte vorgemerkte Interessenten per Mail über ein neues Inserat informiert – auf der Jagd nach der Traumwohnung ein Vorteil.