Nach dem Privatisierungsboom sollen nun einzelne Versorgungsnetze oder Lizenzen für Strom, Gas und Wasser zurückgekauft werden.

Mit der geplanten (Wieder-)Gründung eigener Stadtwerke folgt der schwarz-grüne Senat einem aktuellen Trend: Nach dem Privatisierungsboom der 80er- und vor allem der 90er-Jahre im Bereich der Ver- und Entsorgung setzen die Kommunen und Städte jetzt verstärkt auf Rekommunalisierung. Das bedeutet, vereinfacht gesagt, dass sie ehemals privatisierte Unternehmen, einzelne Versorgungsnetze oder Lizenzen, zum Beispiel für Strom, Gas und Wasser, wieder zurückkaufen und selbst vermarkten.

Als sehr attraktiv gilt auch der Markt der erneuerbaren Energien, weil hier noch großes Ausbaupotenzial gesehen wird. Vor allem vor dem Hintergrund stark steigender Energiepreise steht dabei der Wunsch im Zentrum, wieder unabhängig von den Preisvorgaben der privaten Anbieter zu werden. In der Metropolregion Hamburg wird davon ausgegangen, dass der Energiebedarf großer Unternehmen, auch und vor allem im Hafen, in den kommenden Jahren weiter steigen wird - ebenso die Energiekosten. Außerdem gelten die Arbeitsplätze bei den rekommunalisierten Unternehmen als sicherer.

Umweltsenatorin Anja Hajduk (GAL) führte gestern noch einen anderen Punkt ins Feld, der gemeinhin bei der Rekommunalisierung keine Rolle spielt. Sie sprach von einem Energieversorger, "der sich den Interessen des Klimaschutzes verschreibt" - ein Zugeständnis an die grüne Politik. Außerdem sprach Hajduk davon, auf dem Hamburger Energiemarkt mehr Wettbewerb zu ermöglichen und stärker "verbraucherorientiert" agieren zu wollen.

Nachteil von Rekommunalisierungen sind die enormen Kosten für die Rückkäufe, die von vielen Gemeinden unterschätzt werden. Oft haben die neuen Eigner aber auch keine Ambitionen, den Kauf gleichsam wieder rückabzuwickeln, weil sie das vorher getätigte Geschäft mit den erzielten Gewinnen refinanzieren.

Aktuell will zum Beispiel der Berliner Senat die 1999 teilprivatisierten Wasserbetriebe rekommunalisieren, was nach Einschätzung von Experten rund zwei Milliarden Euro kosten würde. Die Investitionssumme hatte seinerzeit bei 1,7 Milliarden gelegen.

Im Jahr 2006 kaufte die Gemeinde Ahrensburg das Gasnetz von E.on Hanse für 13 Millionen zurück. Die neu gegründete Gasversorgung Ahrensburg GmbH kauft das Gas seitdem in Dänemark.

In Lüneburg übernahm die Gesellschaft für Abfallwirtschaft nach 14 Jahren privatwirtschaftlich organisierter Müllabfuhr das Leeren der Tonnen wieder selbst. Nach Angaben von Branchenexperten haben (Stand 2007) mehr als 100 Städte und Gemeinden ihre Müllabfuhr wieder eingegliedert.

Kostenberechnungen für den Aufbau der neuen Hamburger Stadtwerke gibt es derzeit noch nicht. Als nicht unproblematisch gilt auch die geplante (Rück-)Übernahme des Fernwärme- und Gasnetzes der Stadt. Möglicherweise drohen hier weitere rechtliche Auseinandersetzungen. Auch deswegen kündigte Hajduk an, der Senat wolle zunächst einmal mit angekauftem Ökostrom auf den Hamburger Markt.