Visionen verbinden. Zuweilen auch Partner, die auf den ersten Blick nicht zusammenzupassen scheinen. Denn wer hätte geahnt, daß eines der angesagtesten Hamburger Architektenbüros sich für eine Integrierte Gesamtschule engagiert? Kai Richter, Mitinhaber von Bothe Richter Teherani (BRT), und die Architektin Heike Hillebrand haben jetzt für die Bergedorfer Gesamtschule einen Bibliotheks-Pavillon entworfen - ohne Auftrag, ohne Wettbewerb, einfach aus Begeisterung für die Sache.

Möglich wurde dies durch den Enthusiasmus zweier Pädagogen. Nicht zuletzt als Reaktion auf Pisa hatten Direktor Dirk Hagener und Deutschlehrer Michael Magunna die kühne Idee, eine zentrale Schulbibliothek einzurichten und so auszustatten, daß Jugendliche sich darin wohlfühlen. Mit Hilfe von Bibliothekswissenschaftlern der Universität Hamburg sowie Unterstützung von Eltern und Sponsoren wurde vor anderthalb Jahren tatsächlich eine großzügige "Leselandschaft" in der Gesamtschule eingerichtet, um gerade die jüngeren Schüler zur Lektüre zu animieren.

Dies war jedoch nur der erste Schritt, denn Hagener und Magunna wollten von Anfang an mehr: nämlich auch einen Anbau als Studienbibliothek für die Oberstufe, der das Ganze zum Modell für eine Schulbibliothek der Zukunft macht und allein schon durch seine Gestaltung eine andere Kultur des Lesens signalisiert. "Eine bewundernswerte Initiative, nicht nur für einen leidenschaftlichen Architekten, auch für den Vater von fünf Kindern", sagt Kai Richter.

Der Clou an dem von BRT geplanten Neubau im Eingangsbereich des Campusgeländes ist, daß der zweigeschossige gläserne Pavillon die 70er-Jahre-Schule mit dem Wohnquartier verbinden und für Anwohner öffnen würde. Die Bibliothek soll mit Kulturcafe und einem Angebot an Printmedien im Erdgeschoß zum Treffpunkt werden.

Als Herzstück des Pavillons haben BRT einen Bücherturm geplant, der als begehbares Regal in die obere Etage führt. Der lichte Raum dort ist als Studienbereich konzipiert, in dem möglichst wenig von der Konzentration auf Bücher ablenkt. "Hier könnte ein idealer Ort für individuelles Lernen entstehen", sagt Hagener.

400 000 Euro würde die Ausführung des Entwurfes kosten. Knapp 60 Prozent davon übernähme die Schulbehörde, zudem hat der Schulverein der Bergedorfer nennenswerte Rücklagen gebildet. "Wir glauben, daß wir es hinkriegen, den noch fehlenden Betrag zu beschaffen", meint Hagener. Weitere Sponsoren sollen beim Fundraising am 30. November gewonnen werden. Könnte der Bau schon im Frühjahr begonnen werden, würde die Bibliothek Ende 2006 fertig.

Möglich wird all dies, weil das Kollegium Handlungsspielräume nutzt, die ihm ein Modellversuch der Behörde eröffnet: Die Schule ist eine von 17 "selbstverantworteten Schulen" in Hamburg. Architekt Richter jedenfalls ist "sehr angetan" von der Eigeninitiative: "Es sollte nicht auf Veränderung unserer Schulen von oben gewartet werden - der Wandel muß von innen kommen."

  • Öffentliche Projekt-Präsentation 30. November, 19.30 Uhr, Gesamtschule Bergedorf, Ladenbeker Weg 13