Am Wochenende feiert die Initiative, die den Abriss des Viertels verhinderte, dritten Geburtstag. 2013 wird mit der Sanierung begonnen.

Hamburg. Den Slogan „Komm in die Gänge“ kennt in Hamburg fast jeder. Vor drei Jahren drohte den historischen Häusern im Gängeviertel der Abriss. Dann besetzten Künstler die zerfallenen Häuser in der Innenstadt, renovierten sie in Eigenregie und füllten sie mit Leben. Ihr bunter und kreativer Protest war erfolgreich: Vor knapp einem Jahr wurde das ehemalige Arbeiterviertel unter Denkmalschutz gestellt. Doch bis die alten Häuser alle behutsam saniert sind und von den Künstlern übernommen werden können, ist es noch ein weiter Weg. An diesem Wochenende (24. bis 26. August) feiert die Initiative „Komm in die Gänge“ mit einem bunten Programm ihren 3. Geburtstag.

„Wir haben in den letzten drei Jahren viel erreicht, aber es gibt noch viel zu tun“, sagte Christine Ebeling, Sprecherin des Vereins Gängeviertel, am Donnerstag in Hamburg. Zurzeit arbeite die Baukommission des Vereins zusammen mit der Stadt an den Plänen der Sanierung. „Dabei müssen wir ständig den Spagat zwischen unseren Wünschen und dem Denkmalschutz oder der Energiesparverordnung wagen“, sagte die Künstlerin, die wie alle anderen ehrenamtlich für den Verein arbeitet. „Viele von uns sind erschöpft, wir brauchen bezahlte Stellen, um kontinuierlich weiterarbeiten zu können“, sagte Ebeling.

Auf dem Areal sollen in den nächsten Jahren neben Ateliers und öffentlichen Räumen auch 73 Wohnungen entstehen. Momentan arbeiten auf dem Gelände rund 120 Künstler, es gibt Konzerte, Lesungen und Ausstellungen, Gäste aus aller Welt besuchen das bunte Quartier. Im Frühjahr 2013 sollen die ersten Häuser in der Caffamacherreihe saniert werden, im Frühsommer 2014 sollen sie fertig sein. „Die Frage ist: Wie überführen wir das, was das Viertel jetzt ausmacht, in einen sanierten Zustand“, sagte Vereinsmitglied Marion Walter. Denn im Moment zahlen die Künstler für ihre Ateliers ohne Heizung keine Miete, nach der Sanierung sollen es 6 bis 6,50 Euro pro Quadratmeter sein.

Ein besonderes Anliegen ist dabei das Herzstück des Projekts, die Fabrik. Hier soll ein Werkstatthaus entstehen mit Galerie, Veranstaltungsräumen, Werkstätten, Tanz- und Malateliers. „Jeder soll Zugang zu diesen Räumen haben, auch Künstler, die kein Geld haben“, sagte die Künstlerin Hannah Kowalski. Doch die Wohnungsbauförderung gilt nicht für Gewerberäume. „Deshalb versuchen wir jetzt, Geld von der EU zu bekommen oder aus einem Topf für Stadtteilkultur.“ Hier müsse die politische Diskussion weitergehen. „Wir kämpfen nicht nur für uns, sondern auch für andere Kultureinrichtungen in der Stadt.“

+++ 50.000 Liter Alkohol, vier Babys, 500 Konzerte +++

Was alles im Gängeviertel in den vergangenen Jahren passiert ist, können Interessierte in dem neuen Buch „Mehr als ein Viertel“ (Verlag Assoziation A) nachlesen. Es ist das erste Buch, das die Künstler selbst entworfen haben. „Es ist so viel über uns berichtet worden, jetzt wollten wir endlich mal selber über uns schreiben“, sagte Kowalski. „Für viele ist es das erste Buch, so wie es für viele die erste Besetzung war. Das ist das Allerwichtigste am Viertel: dass man hier die Möglichkeit hat, Neues auszuprobieren