Die AWO Neumünster ist im Zusammenhang mit „Ein-Euro Jobbern“ in Kritik geraten. Der Verband soll zu Unrecht Geld von der ARGE bezogen haben.

Neumünster. Die gemeinnützige AWO in Neumünster ist im Zusammenhang mit ihren „Ein-Euro Jobbern“ in Kritik geraten. Nach einem Bericht von „NDR Info“ soll der Verband an Hartz-IV-Empfängern verdienen, die er etwa in der Haushaltshilfe für Senioren einsetzt. Während diese 1,25 Euro in der Stunde verdienen, kassiert die AWO einen Stundensatz von acht Euro von den Senioren.

Zudem erhält der Verband von der Bundesagentur für Arbeit ein monatliches „Regiegeld“ von 200 Euro für den Einsatz der Hartz VI-Empfänger. Der Fall beschäftigt auch die Bundesregierung „Wir prüfen den Sachverhalt“, sagte eine Sprecherin des Arbeitsministeriums. Ob es in anderen AWO-Landesverbänden ähnliche Vorfälle gebe, sei unklar. Die Arbeitsagentur Neumünster (ARGE) reagierte überrascht: Mit dem „Regiegeld“ seien die Tätigkeiten der Ein-Euro- Jobber eigentlich abgedeckt. Dass die AWO zusätzlich Geld bekomme, sei bislang unbekannt gewesen, sagte Geschäftsführer Rolf-Dieter Brüggen dem NDR.

AWO weist Kritik zurück

Die AWO in Neumünster wies die Vorwürfe zurück. Die Vermittlung und Betreuung der Helfer sei sehr aufwendig, daher sei der Stundenlohn von acht Euro zusätzlich zum Regiegeld angemessen und üblich. Es sei zu keinem Zeitpunkt für den eigenen finanziellen Vorteil gehandelt worden, versicherte der Verband. „Auf keinen Fall rechnet die AWO mehr als kostendeckend ab.“

Eine „schnelle und zügige Aufklärung“ versprach der AWO- Bundesverband in Berlin. Gleichzeitig wurde dem Bezirksverband eindeutig empfohlen, das Projekt einzustellen. „Wir müssen jeden Anschein vermeiden, dass Arbeitsmarktmittel nicht sachgerecht und im Interesse der Betroffenen eingesetzt werden“, sagte der Bundesvorsitzende Wolfgang Stadler und kündigte zudem eine Überprüfung der allgemeinen Praxis zur Wiedereingliederung von Langzeitarbeitslosen an. Als „Abzocke“ bezeichnete Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel die Methode in Neumünster. Die AWO trete praktisch als Zeitarbeitsfirma auf. Es sei für einen gemeinnützigen Verband unmoralisch, auf der einen Seite Regiegeld zu bekommen und auf der anderen Seite acht Euro Stundenlohn für die Arbeit der Ein-Euro- Jobber zu kassieren, sagte er dem NDR.

„Öffentliche Gelder dürfen weder zweckentfremdet, noch zur persönlichen Bereicherung verwendet werden“, sagte die sozialpolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Kieler Landtag, Marret Bohn. Insbesondere Sozial- und Wohlfahrtsverbände sowie gemeinnützige Einrichtungen hätte eine besondere Verpflichtung, mit Zuschüssen und Einnahmen sorgfältig umzugehen und transparent zu wirtschaften. „Einen Stundenlohn von acht Euro beim Kunden zu erheben, den Arbeitnehmer aber nur 1,25 Euro auszuzahlen, das passt nicht zusammen und das kann niemand verstehen.“